Ein Auftritt an einer Zürcher Party endet für mehrere Dragqueens in einer homophoben Attacke. Gegenüber Nau.ch schildert «Miss Miss Chris» den Vorfall.
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Die Thuner Dragqueen «Miss Miss Chris» wird bei der Attacke in Zürich verletzt. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mehrere Jugendliche attackieren in Zürich eine Gruppe von Dragqueens.
  • Eine Betroffene wird beim Angriff an Kopf und Daumen verletzt.
  • «Wir sagen immer, wir sind weltoffen. Aber das sind wir nicht», sagt «Miss Miss Chris».

Am letzten Wochenende kommt es in Zürich zu einer homophoben Attacke. Mehrere junge Männer beleidigen eine Gruppe mit Dragqueens zuerst verbal. Dann eskaliert die Situation. Darüber berichtet das «Mannschaft Magazin» am Dienstag.

Eines der Opfer ist die Thuner Dragqueen «Miss Miss Chris». Sie trägt bei der Attacke bei der Europaallee mehrere Verletzungen davon. Gegenüber Nau.ch schildert sie den Vorfall.

«Plötzlich bin ich auf dem Boden gelegen»

«Wir waren am Samstagabend an der Zürcher Langstrasse auf einer Party. Wir wurden vom Veranstalter eingeladen, um dort zu arbeiten – im Drag. So gegen halb fünf haben wir uns dann auf den Heimweg gemacht.» Mit «wir» meint «Miss Miss Chris» sich und ihre vier Begleitpersonen, darunter zwei weitere Dragqueens.

In der Nähe der Europaallee, auf dem Weg zum Bahnhof, seien sie von «vier bis fünf Jugendlichen» verbal angegangen worden. «‹Schwule Sau› und ‹Transe› haben sie uns zugerufen», so die Thuner Dragqueen.

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Die Lippe von «Miss Miss Chris» ist nach der Attacke lädiert.
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Der Abend in Zürich endet blutig.
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Der Angriff hat sich in der Nähe des Hauptbahnhofes zugetragen.

Zuerst hätten sie sich nichts anmerken lassen. «Aber dann haben sie uns verfolgt und sich unter uns gemischt. Dann ging alles ganz schnell, die Situation ist eskaliert und ich bin plötzlich auf dem Boden gelegen.»

«Miss Miss Chris» versucht sich beim Sturz auf dem Boden aufzustützen. «Dabei habe ich mir den linken Daumen gebrochen und bin mit dem Hinterkopf auf dem Asphalt aufgeprallt.» Das Resultat: «Eine Platzwunde und aufgeplatzte Lippen.»

Polizei hat «keine verfügbaren Einsatzmittel» in der Nähe

Nach dem Angriff machen sich die Jugendlichen aus dem Staub. Die Gruppe ruft die Polizei. Hilfe kriegen sie jedoch nicht, wie «Vio la Cornuta», eine weitere Dragqueen, die beim Vorfall involviert war, gegenüber Nau.ch schildert.

«Ich äusserte gegenüber den Beamten unsere Angst, weiter zum Bahnhof zu laufen. Die Täter hätten dort ja wieder auftauchen können.» Die Beamten hätten dann lediglich gesagt, dass sie keine Kapazität für Personenschutz haben, so «Vio la Cornuta».

Die Stapo Zürich bestätigt auf Anfrage, dass sich in diesem konkreten Fall «keine verfügbaren Einsatzmittel» in der Nähe befunden haben. «Sonst hätte man sicherlich noch einen Streifenwagen geschickt», heisst es.

Aus dem Gespräch sei hervorgegangen, dass keine unmittelbare Bedrohung mehr vorlag. «Daher hat man wie üblich die Betroffenen auf den Anzeigeweg verwiesen und zusätzlich geraten, sich ärztlich behandeln zu lassen.»

«Fühle mich in Thun sicherer als in Zürich»

Dieser Vorfall sei typisch für die Schweiz, bekräftigt «Miss Miss Chris». «Alle sagen immer, wir Schweizer sind so fortschrittlich und weltoffen. Aber das sind wir überhaupt nicht. Wir müssen ja sogar darüber abstimmen, ob zwei gleichgeschlechtliche Menschen heiraten dürfen.»

Dass sich die Attacke in Zürich abgespielt hat, erstaunt die Dragqueen nicht. «Es gibt so viele verschiedene Menschen, die dort aufeinandertreffen. Ich fühle mich mittlerweile in Thun sicherer als dort.»

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Wegen des gebrochenen Daumens kann «Miss Miss Chris» sechs Wochen nicht arbeiten. - zVg

Eine erneute Einladung in die Limmatstadt müsste sie sich zweimal überlegen. «Ich würde sicher vorab fragen, ob ich mich erst in der Location umziehen kann. Aber eigentlich ist das doch traurig.»

Wegen des gebrochenen Daumens kann «Miss Miss Chris» sechs Wochen nicht in ihrem eigenen Coiffeursalon in Thun BE arbeiten. Am Dienstag haben sie und ihre Begleitpersonen Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

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