Sturz von Seilbahnmitarbeiter offenbart Sicherheitsdefizite

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Engadin,

In Pontresina GR fiel ein Techniker bei Wartungsarbeiten vom Seilbahnmast. Untersuchungen entblössten schweizweit Schwachstellen im Sicherheitskonzept.

Ein Mitarbeiter der Engadiner Diavolezza-Seilbahn wurde im Sommer von einer vorbeifahrenden Kabine von einer Seilbahnstütze 50 Meter in die Tiefe gestossen. (Archivbild)
Ein Mitarbeiter der Engadiner Diavolezza-Seilbahn wurde im Sommer von einer vorbeifahrenden Kabine von einer Seilbahnstütze 50 Meter in die Tiefe gestossen. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/ARNO BALZARINI

Das Wichtigste in Kürze

  • Wartungsarbeiten von laufenden Seilbahnen gefährden die Mitarbeitenden.
  • Deshalb sollen Kontrollen und Konzepte verbessert werden.

Der 50-Meter-Sturz eines Seilbahntechnikers im Engadin hat ein Sicherheitsdefizit aufgezeigt, das laut der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (Sust) die ganze Branche betrifft. Für Wartungsarbeiten bei laufendem Bahnbetrieb fehlen offenbar Sicherheitskonzepte.

Zu diesem kritischen Befund kam die Sust bei der Untersuchung des dramatischen Arbeitsunfalls bei der Diavolezza-Seilbahn bei Pontresina GR. Der Seilbahnmitarbeiter verunglückte im Juni bei Arbeiten oben auf dem viele Stockwerke hohen Seilbahnmast. Dies ist dem am Montag publizierten Schlussbericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle zu entnehmen.

Der erfahrene Techniker wurde vom Laufwerk einer vorbeifahrenden Kabine touchiert und von der Arbeitsplattform gestossen. Er fiel 50 Meter in die Tiefe. Dank einer zwei Meter hohen Schneedecke überlebte er, wenn auch schwer verletzt.

Ausgelöst hat den Unfall eine ungewollte Bewegung des Mannes, als wegen eines Knieproblems eines seiner Beine einknickte. Dadurch kam er zu nahe an das durchfahrende Laufwerk. Womöglich wurde er dann von Teilen des Laufwerks mitgerissen, die über das Arbeitspodest hineinragten.

Auch andernorts wurden Defizite festgestellt

Bei der Untersuchung erkannte die Sicherheitsuntersuchungsstelle, dass nicht nur die Diavolezza-Seilbahn Mängel aufweist. Die ganze Seilbahnbranche «verfügt nur über wenige Vorgaben zur Sicherung einer Arbeitsstelle, insbesondere unter laufendem Betrieb».

Oft hänge es von der Aufmerksamkeit des Mitarbeiters auf dem Mast ab, nicht durch vorbeifahrende Kabinen gefährdet zu werden.

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Die Gondelbahn «Gütsch-Express» fährt direkt von Andermatt ins Skigebiet. - Keystone

Seit 2005 sei es in der Schweiz zu mindestens sieben ähnlichen Vorfällen gekommen. Definierte Abläufe und Sicherheitsvorgaben für Arbeiten bei laufendem Betrieb seien in der Seilbahnbranche nicht bekannt, kritisiert die Sust. Solche Vorgaben bestünden beispielsweise bei der Eisenbahn.

Sie empfiehlt deshalb der Branche, solche Sicherheitskonzepte auszuarbeiten. Dem Bundesamt für Verkehr legt die Sicherheitsuntersuchungsstelle nahe, zu kontrollieren, ob die Arbeitssicherheit bei laufendem Betrieb gewährleisten.

Mitarbeitenden sind zur Vorsicht gemahnt

Die Sust nimmt aber auch die Seilbahntechniker in die Pflicht: Bei den meisten Mitreissunfällen habe das Tragen einer Schutzausrüstung gegen Absturz grössere Verletzungen verhindert.

Auf der Diavolezza aber wähnte sich der Verunglückte in Sicherheit, weil das Podest oben auf dem Mast ein Sicherheitsgeländer hatte. Dort angekommen, zog er die Schutzausrüstung aus, um sich freier bewegen zu können. Eine Entscheidung, die ihn fast das Leben kostete.

Die persönliche Schutzausrüstung solle konsequent genutzt werden. Auch in Situationen, in denen einen teilweisen Schutz vor Absturz bestehe, folgert die Sust. Für die Befolgung dieser Maxime sollen wiederum die Seilbahnunternehmen sorgen.

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