Steine statt Spritze: Braucht bald niemand mehr Botox?
Für immer jung: «Gua Sha» und Gesichtsmassagen gelten auf Social Media als die Wunderwaffe gegen Falten. So effektiv ist der natürliche Botox-Ersatz wirklich.

Das Wichtigste in Kürze
- Viele haben Vorbehalte gegen Botox – wollen aber trotzdem faltenfrei sein.
- «Gua Sha» und Gesichtsmassagen sollen Abhilfe schaffen und seien wahre Wundermittel.
- Diese natürlichen Anti-Aging-Methoden können vieles – aber nicht alles.
Älter werden? Ja. Aber bitte nicht älter aussehen. In einer Welt, in der eine jugendliche Erscheinung das Mass aller Dinge ist, boomen Botox-Behandlungen wie nie zuvor.
Doch nicht alle sind bereit, sich dafür die Stirn lahmlegen zu lassen. Zu künstlich, zu riskant, sagen viele.
Die Antwort auf den wachsenden Beauty-Druck mit Botox & Co.? Gua-Sha-Massagen mit Steinen und weitere Gesichtsmassagen. Der neue Hype, ganz ohne Spritze.
Gua Sha, auch Schabetherapie genannt, schaffte den Sprung aus dem asiatischen Raum in die Schweiz. Die Haut wird mit einem Gegenstand abgeschabt, so sollen weitreichende therapeutische Vorteile erzielt werden.
Die Wunderwaffe schlechthin
Auf Social Media werden sie gar als sanfte Wunderwaffen gegen Falten gefeiert – natürlich, wirksam und sicher. Hunderttausende schwören auf den natürlichen Glow statt auf toxisch glatte Haut.
Aber wie viel Anti-Aging steckt wirklich in der täglichen Massage-Routine? Und können Gua Sha und Gesichtsmassagen langfristig mit Botox mithalten?
Faltenfrei mit Gua Sha und Gesichtsmassagen?
Jessica Somsak, Expertin für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und Gua Sha, weiss: Wer regelmässig zur Gua-Sha-Massage greift, kann das Hautbild sichtbar verbessern – ganz ohne invasive Eingriffe.
Aus ihrer Erfahrung heraus können regelmässige Gesichtsmassagen und Gua-Sha-Behandlungen die Durchblutung und den Lymphfluss anregen. Das lasse die Haut frischer und strahlender erscheinen.
Somsak: «Auch verspannte Gesichtsmuskeln werden gelockert, was dazu führen kann, dass Mimikfalten weniger stark hervortreten.» Ein angenehmer Nebeneffekt: Selbst das Doppelkinn kann mit der Zeit reduziert werden.
Natürlich, aber effektiv
Generell beobachtet die Luzernerin: «Bei leichten Falten kann man mit Gua Sha sichtbare Verbesserungen erreichen – die Haut wirkt glatter und entspannter.» Bei tieferen Falten sei ein vollständiges Glätten zwar kaum möglich, aber neue Falten entstünden weniger schnell.
Wichtig zu beachten: Gua Sha und Gesichtsmassagen würden die Muskeln nicht lähmen. Und auch kein Volumen auffüllen. «Botox kann das, Gua Sha nicht.»
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Botox oder Gua Sha und Gesichtsmassagen – zwei Methoden, ein Ziel: jung aussehen. Doch der Weg dorthin ist unterschiedlich. Die einen setzen auf schnelle Effekte, die anderen auf natürliche Pflege.
Botox: Glatt, aber nicht risikofrei
«Botox ist besonders dann sinnvoll, wenn Falten durch eine starke Mimik entstehen. Etwa an der Stirn, zwischen den Augenbrauen oder seitlich der Augen.» Das erklärt Mihai Constantinescu, Chefarzt Plastische- und Wiederherstellungschirurgie am Inselspital Bern.
Die Wirkung: entspannte Muskeln und glatte Haut. Doch auch Botox hat seine Grenzen: Bei tieferen Falten helfe es weniger – hier seien Filler oder Laser zu erwägen.

Risikofrei ist die Spritze nicht, so Constantinescu. Bei einer Botox-Behandlung kann es zu Nebenwirkungen wie Blutergüssen oder Asymmetrien kommen.
Besonders gefürchtet sei dabei die Augenlid-Ptosis. Dabei werde das Oberlid versehentlich teilweise mitgelähmt. Dies sei für das Aussehen der Betroffenen über viele Wochen hinweg störend.
Trotzdem steige die Nachfrage – vor allem bei Jüngeren, die vorsorgen wollen: «Viele jüngere Menschen interessieren sich für sanfte, präventive Behandlungen wie niedrig dosiertes Botox, wünschen sich aber gleichzeitig ein möglichst natürliches Aussehen.»
Parallel dazu wachse das Interesse an Routinen für zu Hause – oft inspiriert durch Social Media. Dieser Trend zeige: Viele Patienten würden eine Balance zwischen natürlicher Pflege und planbaren, medizinischen Ergebnissen suchen.
Täglich zwei bis drei Minuten sollen reichen
Genau da setzen Gua Sha und Gesichtsmassagen an. TCM-Expertin Jessica Somsak empfiehlt die Methode besonders jungen Menschen. «Denn sobald Falten kommen, bedeutet das oft, dass die Haut an Feuchtigkeit verliert.»
Gua Sha fördere die Durchblutung und sorge dafür, dass die Haut besser genährt werde. Ganz ohne Lähmung, Füllung oder Nebenwirkungen. Somsak empfiehlt, Gua Sha täglich für zwei bis drei Minuten anzuwenden – am besten morgens und abends.
Natürlich schön – aber bitte realistisch
Gua Sha und Gesichtsmassagen seien kein Wundermittel – auch wenn es in den Sozialen Medien manchmal so klinge. Doch als sanfte Methode zur Hautpflege haben sie einiges zu bieten.
Jessica Somsak betont: «Sie können vorbeugend wirken, leichte Falten mildern und die Hautgesundheit auf natürliche Weise unterstützen.»
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Auch Mihai Constantinescu sieht Potenzial in natürlichen Anti-Aging-Methoden – sofern man realistische Erwartungen hat: Es brauche Zeit, Geduld, Ausdauer, regelmässige Anwendungen und Sonnenschutz, um mit Gesichtsmassagen und kosmetischen Pflegeprodukten positive Effekte zu erzielen.
Aber Achtung: «Tiefe Falten lassen sich dadurch nicht dauerhaft korrigieren.»
Ob die Methoden langfristig eine echte Alternative zu Botox sein können, lasse sich laut Constantinescu derzeit nicht beurteilen. Dafür würden Langzeitstudien fehlen.
Was er sich jedoch gut vorstellen kann, ist eine Kombination beider Welten: Eine konsequente Hautpflegeroutine mit Sonnenschutz, Feuchtigkeit und gesunden Lebensgewohnheiten als Basis. Ergänzt bei Bedarf durch minimal-invasive Eingriffe wie Botox oder Filler.
Natürliche Techniken wie Gesichtsmassagen hätten laut ihm ebenfalls ihren Platz: «Um die Hautdurchblutung zusätzlich zu unterstützen und das Wohlbefinden zu steigern. So entsteht ein harmonisches, natürliches Gesamtbild.»