St. Galler Staatsanwaltschaft plant Befragung von Missbrauchsopfern
Gegen eine evangelikale Privatschule wurden schwere Missbrauchsvorwürfe erhoben. Die Staatsanwaltschaft will nun eines der Opfer befragen.

Bei der St. Galler Staatsanwaltschaft haben sich rund um die Missbrauchsvorwürfe gegen eine evangelikale Privatschule in Kaltbrunn SG mehrere mögliche Opfer gemeldet. In der kommenden Wochen seien erste Einvernahmen geplant, teilte die Behörde auf Anfrage mit.
Es hätten sich mehrere Personen gemeldet, die sich nach einer Anzeigeerstattung erkundigt haben.
Das erklärte ein Sprecher der St. Galler Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Eine konkrete Anzeige liege «nach jetzigem Wissen» jedoch nicht vor. Es gelte nun, die Einvernahmen abzuwarten.
Vorwürfe gegen «Domino Servite»
In einem kürzlich ausgestrahlten Beitrag des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF) erhob eine Frau weitere schwere Vorwürfe gegen die evangelikale Privatschule «Domino Servite» in Kaltbrunn SG. Sie sei in den 1990er Jahren als 12-Jährige von einem Lehrer vergewaltigt worden.
Bei diesem vorgebrachten Sexualdelikt müsse die Frage nach der Verjährung geprüft werden, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. «Ob dies der Fall ist, hängt einerseits vom genauen Tatzeitpunkt und andererseits vom Alter des mutmasslichen Opfers zum Tatzeitpunkt ab.» Unabdingbar für ein Strafverfahren sei die Aussagebereitschaft des möglichen Opfers.
Missbrauchsfälle von 1995 bis 2002
In einem SRF-Beitrag vom 21. September erhoben mehrere ehemalige Schülerinnen und Schüler der Privatschule schwere Vorwürfe. Sie berichteten von Schlägen mit Gürteln, einer Vergewaltigung unter Schülern und von einem Klima der Angst in dem Internat.
Die Missbrauchsfälle ereigneten sich hauptsächlich zwischen 1995 und 2002. Das legte ein Untersuchungsbericht 2022 offen, welcher die Privatschule – heute «Christliche Schule Linth» – in Auftrag gab.
Oft bereits Verjährung
Die Staatsanwaltschaft kam damals zum Schluss, dass bei den meisten der in Frage kommenden mutmasslichen Delikten bereits Verjährung eingetreten war oder ein Strafantrag fehlte.
Ein Aussteiger aus der Gemeinschaft wies gemäss einer am Mittwoch verschickten Mitteilung des St. Galler Bildungsdepartements bereits im Jahr 1999 auf Missbräuche hin, namentlich körperliche Züchtigungen.
Die Untersuchung der Schulaufsicht sei vor 25 Jahren schwierig gewesen, weil sich in der Glaubensgemeinschaft die Eltern und das Schulpersonal gegenseitig gedeckt hätten, erklärte Bildungsdirektor Stefan Kölliker gegenüber Keystone-SDA.