Ein Schotte reiste heute in die Schweiz, um zu sterben. Das wirft Licht auf die schwierige Situation der Sterbehilfe.
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Noch einfacher sterben: Die Organisation Pegasos will dies dank weniger Bürokratie möglich machen. - DPA
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Das Wichtigste in Kürze

  • Heute Freitag reiste ein Schotte in die Schweiz, um zu sterben.
  • Er hatte eine tödliche Krankheit.
  • Nur wenige europäische Länder kennen liberale Gesetze wie die Schweiz.

Die Nachricht ging um die Welt. Ein todkranker Schotte reiste heute in die Schweiz, um zu sterben. Er nimmt hierzulande eine «Freitodbegleitung» in Anspruch. Der Grund: Der Mann leidet an der unbehandelbaren Nervenkrankheit Motoneuron.

Vom Fall des 65-Jährigen, dessen Tod absehbar war, berichtet die britische Boulevardzeitung «Daily Mail». Vor seiner Reise rief der Mann dazu auf, die Sterbehilfe in Schottland zu erlauben. In ganz Grossbritannien ist die Sterbebegleitung illegal.

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Jürg Wiler ist bei Exit für die Kommunikation zuständig. - zVg

«Es ist bedauerlich, dass die Menschen strapazenreiche und nicht selten mit Schmerzen verbundene Reisen auf sich nehmen müssen», sagt Jürg Wiler von Exit. Der Verein wurde 1982 gegründet. Doch den Dienst einer «Freitodbegleitung» dürfen lediglich Schweizer Staatsangehörige oder Personen mit einem Wohnsitz in der Schweiz in Anspruch nehmen. Sofern sie volljährig sind.

Freitod wegen tödlicher Krankheit

Der Fall aus Schottland scheint exemplarisch zu sein. Wie Wilder sagt, nehmen mit grosser Mehrheit Personen die Dienstleistung in Anspruch, die eine tödliche Krankheit haben. Letztes Jahr waren es insgesamt 905 Personen, rund 40 Prozent davon litten an Krebs.

Die Zahlen zeigen nach oben. 2013 waren es noch 459 Personen. Fast eine Verdoppelung. Für Wiler ist klar: «Ein Grund für die Zunahme ist die steigende Lebenserwartung und damit die grössere Wahrscheinlichkeit von schweren Krankheiten.» Damit einher gehen auch mehr Krankheiten – oder gar Mehrfacherkrankungen.

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Ansicht des Sterbezimmers der Sterbehilfeorganisation Dignitas in Zürich-Wiedikon – die Organisation begleitet auch Sterbewillige aus dem Ausland in den Tod. - Keystone

Während die Schweiz und die Benelux-Staaten eine liberale Handhabung pflegen, sieht es in den anderen europäischen Staaten anders aus. Gerade im tendenziell katholischeren Süden ist das Thema Tabu.

Jedes Land muss selbst Lösung finden

Für Wilder ist klar: «Nur der Staat allein kann bestimmen, wie er mit seinen Bürgern am Lebensende umgeht.» Zudem müsse jedes Land für sich eine Lösung finden. Das Schweizer Model eins zu eins auf beispielsweise Frankreich zu übertragen, sei keine Lösung.

Bei der Sterbehilfeorganisation Dignitas waren von 1998 bis 2018 knapp 45 Prozent der Personen aus Deutschland, die sich zum Freitod entschieden.

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Die Sterbehilfe soll in Portugal legalisiert werden. (Symbolbild) - DPA

Nur wenige Länder kennen liberale Gesetze zum Thema. In Deutschland beispielsweise ist das Thema gerade sehr aktuell. Dort stehen Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Thema aus.

Das Verbot der «geschäftsmässigen Förderung der Selbsttötung» wird angefochten. Dafür ist die passive Sterbehilfe sowie die indirekte Sterbehilfe erlaubt. Die Regelung ist ähnlich wie in Schweden. Polen ist am striktesten. Dort steht selbst der Verzicht auf lebenserhaltende Massnahmen unter Strafe.

Graben zwischen Gesetz und Bevölkerung

Bei Dignitas verortet man einen Graben zwischen Gesetz und Bevölkerung: «Seit Jahren zeigen diverse Umfragen in vielen Ländern Europas (und weltweit), dass die Menschen Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in Lebensende-Fragen möchten.»

Jedoch würden sich die Politik und die mit ihr «verbandelten» konservativen sowie religiösen Kräfte dagegen wehren. Dabei verhalte es sich ähnlich wie früher beispielsweise mit dem Frauenstimmrecht.

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