Die Gen Z gibt ein Vermögen für Hautpflege-Produkte aus. Doch nach den jungen Frauen trifft es nun auch Buben. Eine Expertin warnt.
Ein Teenie-Tiktoker präsentiert seine Gesichtspflege. - Tiktok / @joshmiles02

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein 14-Jähriger benutzt Cremes, Conditioner und Parfüms – wegen Tiktok-Videos.
  • Eine Hautärztin spricht in Bezug auf den Beauty-Hype von «einer Katastrophe».
  • Zwar sei eine Routine gut, doch zu viele Produkte können mehr schaden.
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Fritz* ist erst 14 Jahre alt. Doch er riecht schon wie ein Grosser. Der Aargauer Schüler benutzt Cremes, Conditioner, Parfüms und noch mehr. Und gibt dafür eine Stange Geld aus.

Drei verschiedene Cleanser (Reinigungsgels) stehen in seinem Bad, er benutzt sie abwechselnd. Ein Serum (hoch konzentriert und flüssig) kommt danach auf die Haut. Es folgen eine Tages- und abends eine Nachtcreme.

Besonders letztere erstaunt. Die dicken Nachtcremes waren bisher vor allem was für ältere Semester, die gegen Falten vorgehen. Fritz hingegen hat eine reine, gesunde Haut.

Der Teenager benutzt auch einen Conditioner für seidiges Haar. Und er hat zahlreiche teure Markenparfüms in seinem Regal. «Wenn ich die Sachen nicht benutze, fühle ich mich grusig», sagt er.

«Eine Katastrophe»

Wie kommt ein Teenie auf die Idee, so viele Kosmetikprodukte zu benutzen? «Tiktok», sagt er.

Das weiss auch die renommierte Hautärztin Dr. Liv Kraemer. Sie warnt vor den sogenannten «Skinfluencern», also Influencer, die Hautprodukte bewerben.

«Es ist eine Katastrophe», sagt Kraemer auf Anfrage. «Leider werden mittlerweile sogar schon Sechsjährigen von ‹Skinfluencern› Augen-Cremes und eine 12-Schritte-Routine empfohlen. Die machen sie natürlich auch nach.»

Hautärztin Dr. Liv Kraemer
Die Hautärztin Dr. Liv Kraemer. - www.drliv.com

Ob Jungs oder Mädchen, spiele keine Rolle, sagt Kraemer. «Die Jungs und jungen Männer sind gerade sowieso im Visier der Marketing-Maschinerie.»

Die vielen Produkte und Routinen seien für sie «völlig sinnlos und problematisch». Denn Kinder hätten «die perfekte Haut, die wir Erwachsenen anstreben».

Dieser Tiktoker zeigt, wie er seine Haare pflegt. - Tiktok / @gabezalezz

Bei Jugendlichen mit früher Pubertät mache eine einfache und korrekte Routine durchaus Sinn. «Das bedarf aber weder Masken noch Toner, 100 Seren, Roller oder Augencremes. Sondern jeden Tag das Gesicht morgens nach dem Aufstehen mit einem milden Cleanser waschen.»

Bei bereits unreiner Haut solle man beispielsweise einen Waschschaum mit aktiven Inhaltsstoffen wie AHA und BHA benutzen. Dazu nur einen Sonnenschutz. «Am Abend wieder waschen und gegebenenfalls eine leichte Gel-Creme. That's it!»

Weniger ist mehr

Kraemer verrät, dass die meisten Inhaltsstoffe, die im «Anti-Aging» benutzt werden, aus der Akne-Therapie stammen. Es gelte: Weniger ist mehr.

Denn zu viele Produkte aufzutragen, könne die Haut verschlimmern, erklärt die Hautärztin. Als Konsequenz könne es sogenannte Barriere-Störungen geben, die zu juckender und roter Haut um den Mund führen.

Skinfluencer
Auf Tiktok zeigen sich junge Männer im Badezimmer bei ihren Gesichts- und Haarpflege-Routinen. (Symbolbild)
Skinfluencer
Das inspiriert Jugendliche dazu, sich ebenfalls Kosmetik-Produkte zu kaufen und sie auszutesten. (Symbolbild)
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Jedoch bringt der Gebrauch von zu vielen Produkten auch nichts, sagt eine Hausärztin. (Symbolbild)
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Für Jungs seien die vielen Produkte und Routinen «völlig sinnlos und problematisch». (Symbolbild)

Liv Kraemer stellt klar: Eine Routine ist wichtig – aber nicht eine, die aus tausend Produkten besteht. Wenn Jugendliche Pickel an der Stirn oder auf der Nase haben, «sind Produkte, die fettig sind, eh tabu».

Buben vermehrt in Parfumläden

Dass sich junge Buben vermehrt für Beauty-Produkte interessieren, merkt auch die Import Parfumerie. «Uns fällt durchaus auf, dass auch junge Burschen uns öfter besuchen und sich durch die Parfums schnuppern. Bei den Pflegeprodukten ist die Nachfrage weniger ausgeprägt», heisst es auf Anfrage.

Die jungen Teenager würden oft nach Produkten fragen, «die sie durch Social Media kennen. Besonders beliebt sind Düfte von Gisada und Jean Paul Gautier.»

Pflegst du deine Haut mit Produkten?

Die international tätige Parfümerie-Filialkette Douglas stellt bisher keinen geschlechtsspezifischen Trend fest. «Grundsätzlich können wir aber sagen, dass der Beauty-Markt die Vielfalt und die sich wandelnden Bedürfnisse der modernen Gesellschaft widerspiegelt.»

Gerade bei jüngeren Zielgruppen seien die Grenzen im Einkaufsverhalten zwischen Männern und Frauen immer mehr am Auflösen. «Viele Produkte sind mittlerweile unisex.»

Dr. Liv Kraemer ist Autorin des Buchs «Skin Longevity – Der Schlüssel zu gesunder und strahlender Haut».

* Name von der Redaktion geändert.

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