Raucher ignorieren Bahnhofs-Verbot und qualmen Bus-Stopps ein
In der Schweiz gilt ein Rauchverbot an Bahnhöfen – eigentlich. Doch das interessiert viele Raucher nicht. Nichtraucher ärgern sich.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Rauchverbote an Schweizer Bahnhöfen werden immer wieder ignoriert.
- Sowohl die SBB als auch die Lungenliga erhalten deshalb Beschwerden.
- Auch an Bus- und Tramstopps sorgt Passivrauchen für Ärger. Dort ist Qualmen aber erlaubt.
Der Grossteil der Schweizer Bevölkerung besteht aus Nichtraucherinnen und Nichtrauchern. Laut dem Bundesamt für Statistik rauchen nur 23,9 Prozent der Menschen über 15 Jahren (Stand 2022).
Inzwischen also eine klare Minderheit. Doch sie sorgen immer wieder für Ärger. Speziell an einem Ort, wo die unterschiedlichsten Menschen aufeinandertreffen – an ÖV-Haltestellen.
Von Familien mit kleinen Kindern bis hin zur passionierten Raucherin: An Bus- und Tramhaltestellen und Bahnhöfen kommen alle vorbei.
Es wird dort also auch viel geraucht – und passivgeraucht.
«Verbote werden ignoriert»
Das Problem: Seit 2019 gibt es in der Schweiz eigentlich ein Rauchverbot an Bahnhöfen.
«Wir stellen aber immer wieder fest, dass die bestehenden Verbote ignoriert werden. Teilweise von Bahnreisenden, die sich beklagen, teilweise aus eigenen Beobachtungen», sagt Claudia Künzli von der Lungenliga zu Nau.ch.
Das bestätigt die SBB auf Anfrage. Sprecherin Fabienne Thommen sagt zwar gegenüber Nau.ch, die meisten würden sich an die Regeln halten.
Aber: «Es gibt aber leider immer auch Personen, die das Rauchverbot missachten. Dazu erhalten wir auch Rückmeldungen.»
Klagen zum Rauchen an Bahnhöfen «dominieren»
Hinzu kommt, dass Bus- und Tramhaltestellen nicht vom Verbot betroffen sind. Das müsste kantonal oder gar auf Gemeindeebene geregelt werden. In der Schweiz kennt nur der Kanton Genf zusätzlich ein Rauchverbot an Haltestellen.
Beim Warten auf Bus, Tram und Zug wird also zum Ärger von Künzli und anderen Nichtrauchern weitergeraucht.
«Wir erhalten regelmässig Zuschriften von Personen, die unter dem Passivrauch leiden», erklärt die Lungenliga-Präventionschefin.
Das Fazit: «Nebst der Passivrauchbelastung aus Nachbarswohnungen dominieren die Klagen zum Rauchen an Bahnhöfen, auf Spielplätzen sowie in Sportstadien.»
Fast alle grossen Städte erhalten Beschwerden
Auch bei den Schweizer ÖV-Unternehmen und den Städten selbst melden sich immer wieder verärgerte Fahrgäste wegen Passivrauch.
Die Stadt Zürich, die Zürcher Verkehrsbetriebe VBZ und die Städte Bern und Luzern bestätigen Nau.ch, vereinzelt Beschwerden zu erhalten.
Basel und die Basler Verkehrsbetriebe BVB führen keine Statistik dazu, wie sie mitteilen. Winterthur hat letztmals 2023 eine solche Beschwerde erhalten und die Stadt St. Gallen hüllt sich in Schweigen.
Zürcher kann Rauch nicht entkommen
Nicht alle, die sich ärgern, schicken der Stadt oder den ÖV-Betreibern aber auch tatsächlich ein hässiges E-Mail. Viele lassen ihrem Frust stattdessen im Internet freien Lauf.
Auf der SBB-Community-Seite hat es diverse Beschwerden von Fahrgästen, die sich darüber ärgern, dass das Bahnhofs-Rauchverbot ignoriert wird.
Ein Pendler schreibt zum Beispiel: «Auf den Bahnhöfen gilt ein Rauchverbot, ausser an klar signalisierten Stellen. Leider wird es sehr oft nicht eingehalten.»

Auf der Plattform Reddit klagt ein User, in Zürich sei es «unglaublich schwer», nicht wieder mit dem Rauchen anzufangen.
Überall habe es Raucher: am Bahnhof, an Bus- und Tramhaltestellen, an Musikfestivals, am Ufer des Zürichsees.
Selbst zu Hause habe er keine Ruhe. «Wenn ich mein Mittagessen auf dem Balkon esse, beginnt der Nachbar von unten, zu rauchen.»
Kind «den Rauchern egal»
Die verärgerte Pendlerin Susanne Bürki* ergänzt gegenüber Nau.ch: «Als ich kürzlich an einem Samstagabend am Bahnhof Bern auf den Bus wartete, war ich regelrecht umzingelt von Rauchern.»
Links, rechts, vorne, hinten ... «ich hätte die Haltestelle komplett verlassen müssen, um dem Rauch zu entkommen».

An dem Teil des Bahnhofs gilt kein Rauchverbot. «Ein wenig Rücksicht nehmen könnte man ja trotzdem.»
Für sie besonders ärgerlich: «Neben mir stand eine Familie mit einem kleinen Kind. Den Rauchern egal, blanker Egoismus.»
Bern und St. Gallen wollen auch auf Spielplätzen weiter rauchen lassen
Was die Bernerin schildert, ist «leider kein Einzelfall», wie Claudia Künzli von der Lungenliga sagt. «Rauchen ist gesellschaftlich immer noch anerkannt. Dies ist umso erstaunlicher, da 76 Prozent der Schweizer Bevölkerung nicht raucht.»
Tatsächlich scheint die Passivrauchbelastung auch für die Stadtberner Regierung nicht oberste Priorität zu haben. Sie hat vor zwei Jahren gar ein Spielplatz-Rauchverbot, eine SP-Motion, abgelehnt.
In den anderen grossen Deutschschweizer Städten sieht es ähnlich aus.
Die Regierung der Stadt St. Gallen hat vor einem Jahr sogar ein Rauchverbot nur auf Spielplätzen abgelehnt. Jetzt wollen Initianten das Anliegen zur Volksabstimmung bringen. Auch in der Initiative geht es aber nur um Spielplätze.
Auch die Luzerner Stadtregierung lehnte vor einigen Jahren ein Rauchverbot auf Spielplätzen ab. Um Haltestellen geht es aber auch hier nicht.

In Zürich und Winterthur sind solche Verbote kein Thema.
In Basel-Stadt sind derzeit zwar mehrere Vorstösse hängig, die auch Rauchverbote an Haltestellen beinhalten. Massnahmen wurden bisher aber auch keine entschieden.
Die Lungenliga fordert derweil, dass die Bevölkerung in allen öffentlich zugänglichen Innen- und Aussenräumen vor dem Passivrauchen geschützt wird.
Pendler wirft SBB vor, Verbot nicht durchzusetzen
Übrigens: Selbst dort, wo Verbote gelten, hat es keine grossen Konsequenzen, wenn sie missachtet werden.
Auch das ist ein Punkt, der auf der SBB-Community-Seite von Pendlern beanstandet wird. Ein Fahrgast schreibt, die SBB setze das Verbot «nicht durch».
Die SBB betont zwar, dass es bei Verstössen Konsequenzen gibt. Doch allzu streng zeigt sie sich nicht.
«Bei einer Missachtung des Rauchverbots sucht unser Personal zuerst das Gespräch», sagt Sprecherin Thommen.
«Rauchende, die sich weigern, das Verbot einzuhalten, können durch das Sicherheitspersonal der SBB weggewiesen werden. Glücklicherweise sind Wegweisungen aber nur selten nötig.»
Die Raucherzonen seien an den Bahnhöfen sichtbar markiert. Ausserdem sei das Rauchverbot gross in der Bahnhofsordnung, die ebenfalls an jedem Bahnhof zu finden ist, aufgeführt.
*Name von der Redaktion geändert