Polizisten observieren illegal Gras-Käufer – Kollege erwischt!
Strafverfahren nach geheimen Einsätzen in Österreich: Schweizer Beamte überschreiten bei Cannabis- und Fleischkontrollen in doppeltem Sinn Grenzen.

Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Aktion «Knobli» wurden Cannabis-Samen im Wert von 60 Mio. Franken sichergestellt.
- Dumm nur: Die Einsätze waren illegal.
- Die Bundesanwaltschaft erliess 2024 aus diesem Grund Strafbefehle.
Schweizer Polizisten, die illegal im Ausland unterwegs sind.
Grenzwächter, die ausgerechnet einen Kollegen stellen – und dieser dann die Aktion verpfeift: «CH Media» hat eine pikante Story aus der Ostschweiz aufgedeckt.
Doch der Reihe nach.
Anfang 2019 will der Grenzwachposten St. Margrethen SG einen Schlag gegen den professionellen Drogenhandel in der Ostschweiz landen.
Kaufen in Österreich legal, Einfuhr in die Schweiz nicht
Denn: In der Ostschweiz gedeihen grosse Hanfplantagen.
Die Täter beziehen Setzlinge und Samen legal in Vorarlberg – das österreichische Gesetz erlaubt den entsprechenden Fachhandel. Illegal ist dagegen die Einfuhr dieser Hanfsamen in die Schweiz.
Bisher kontrollierten Schweizer Grenzwächter Fahrzeuge nach dem Zufallsprinzip nach Hanfsamen. Meist ohne durchschlagenden Erfolg.
Kommandant Markus Kobler setzte daher auf eine neue Taktik: Zivilbeamte sollen Schweizer Kunden vor Vorarlberger Hanfläden beobachten und die entsprechenden Autonummern an die Grenzwache melden.
Dort sollen rund 40 Beamte die Verdächtigen an der Grenze aus dem Verkehr ziehen.
Auf diese Weise sichern die Beamten an vier Aktionstagen Hanfsamen für eine potenzielle Ernte von sechs Tonnen Cannabis. Bei zehn Franken pro Gramm entspricht das einem Marktwert von 60 Millionen Franken.
Die Aktion ist laut «CH Media» ein Erfolg. Zwar bleiben die professionellen Produzenten unentdeckt. Aber: Die Jahreszahlen der Grenzwache verbessern sich; an dieser Statistik werden die Kader gemessen.
Die Observation im Ausland war illegal
Dumm nur: Die Einsätze sind illegal. Schweizer Grenzwächter dürfen im Ausland nur observieren, wenn die lokale Polizei mitmacht.
Vorarlberger Beamte werden zwar über die Aktion informiert, stellen jedoch kein Personal bereit. Nach österreichischem Recht liegt ja keine Straftat vor.
Die geheime Mission fliegt durch Zufall auf. Denn: Ausgerechnet ein St. Galler Stadtpolizist mit Hanfsamen im Gepäck wird kontrolliert!
Er kann nicht fassen, dass ausgerechnet er per Zufall aus dem Verkehr gezogen worden sein soll. Er stellt Fragen.
Ein Kollege verrät versehentlich die Observation in Vorarlberg. Der Polizist prangert die illegale Aktion aus Angst um seinen Job öffentlich an.
Auch die Aktion «Megro» folgt einem ähnlichen Muster.
Zivilbeamte observieren Vorarlberger Fleischhändler, die illegal Fleisch in die Schweiz bringen. Auch hier ist der Einsatz illegal und wird durch Zufall aufgedeckt.
Verurteilungen nur für untere Hierarchiestufen
Beide Fälle landen zuerst bei der Militärjustiz und später bei der Bundesanwaltschaft. 2024 erlässt diese Strafbefehle wegen Verletzung fremder Gebietshoheit.
Die Postenchefs und die Einsatzoffizierin erhalten bedingte Geldstrafen, wehren sich aber dagegen. Der Berufungsprozess beginnt am 6. Oktober vor dem Bundesstrafgericht.
Markus Kobler, Kommandant Zoll Ost, bleibt ohnehin straffrei. Das Gericht vernimmt ihn nicht. In der Verantwortung steht ausschliesslich Personal der unteren Hierarchieebene.