Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan lässt Schüler in der Schweiz im Rahmen eines Freifachs einen Krieg vorführen. Schweizer Politiker von links bis rechts sind entsetzt und fordern die Kantone zum Handeln auf.
Die «SonntagsBlick»-Story über das Schultheater löst heftige Reaktionen aus.
Die «SonntagsBlick»-Story über das Schultheater löst heftige Reaktionen aus. - Screenshot/Tele Züri
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Rahmen des Unterrichts in Heimatlicher Sprache und Kultur (HSK)haben Primarschüler im Thurgau einen Krieg aufgeführt.
  • Das 10-minütige Stück der Kinder mit türkischen Wurzeln, wurde von der türkischen Botschaft in Bern unterstützt.
  • Politiker von links bis rechts sind der Meinung, dass die HSK-Kurse als Propaganda missbraucht wurden.

Schweizerisch-türkische Primarschüler haben im Rahmen des offiziellen Heimatkundeunterrichts (HSK) im Thurgau in Militäruniformen und mit Spielzeugwaffen die blutige Schlacht von Gallipoli nachgespielt (Nau berichtete). Es ist die Schlacht, bei der Soldaten des osmanischen Reiches gegen westliche Mächte gewinnen.

Brisant: Die Bühnendarstellung soll vom türkischen Staat initiiert sein. Der Integrationsexperte Thomas Kessler vermutet deshalb einen Bezug auf die Wahlen in der Türkei Ende Juni, wie er gegenüber «Telezüri» erklärt: «Es ist eine Mythos-Belebung und als Teil dieses Mythos hofft man natürlich darauf, die Wahlen zu beeinflussen.»

Mitte sieht Handlungsbedarf

Die verstörenden Szenen erzürnen und schockieren Schweizer Politiker von links bis rechts. CVP-Präsident Gerhard Pfister spricht gegenüber dem «Blick» von «Separationsübungen, getarnt als Integration». Laut dem Zuger Nationalrat sollten Kinder, die in der Schweiz zur Schule gehen, nur Bildungsangebote erhalten dürfen, die von den Schweizer Behörden kontrolliert und genehmigt wurden. Pfister sieht deshalb entsprechenden Handlungsbedarf bei den Kantonen.

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CVP-Präsident Gerhard Pfister. - Keystone

Links fordert strengere Kontrollen

Die türkischstämmige Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne/BS, 37) ist entsetzt über das Kriegsschauspiel: «Es ist ein Missbrauch des Vertrauens und der Toleranz», sagt sie zum Boulevardblatt. Auch sie fordert von den Kantonen strengere Kontrollen für die HSK-Kurse, denn solche Skandale würden allen Türken in der Schweiz schaden, die nicht mit dieser Propaganda einverstanden seien, so Arslan.

Min Li Marti, Zürcher SP-Nationalrätin stellt im Beitrag von «Telezüri» zudem klar, dass die HSK-Kurse politisch und religiös neutral sein müssten. «Das ist so in den Rahmenplänen vorgegeben und die Behörden müssen das kontrollieren.»

Sibel Arslan Staatsanwaltschaft Immunität
Nationalrätin Sibel Arslan hatte den Vorstoss eingebracht. - Keystone

Rechts fordert Abschaffung der HSK-Kurse

Roland Rino Büchel, St. Galler SVP-Nationalrat bringt die Propaganda von Erdogan regelrecht zum Toben: «In ihrem Land sollen sie machen, was sie wollen. Bei uns nicht». Laut dem 52-Jährigen sei es Zeit klar zu stellen, «was wir hier unter Heimat und Integration verstehen». Er fordert die Kurse sofort zu stoppen und die zuständigen Behörden dazu auf, Klarheit zu schaffen «anstatt sich weiterhin hinter plattem Pädagogengeschwätz zu verstecken.»

Büchel Jean-Claude Juncker
Der St. Galler SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. - Keystone

Veranstalter weisen Vorwürfe zurück

Der Veranstalter des knapp 10-minütigen Kindertheaters von Uttwil TG, wehrt sich in einem Interview mit «20 Minuten» und sagt, dass die Darstellung nichts mit Politik zu tun habe. Er weist zudem die Vorwürfe zurück, Propaganda für Erdogan zu betreiben. Bei der Schlacht von Gallipoli gehe es nicht zuletzt um die Gründung der modernen Türkei und die Szenen würden auch eine humanitäre Botschaft tragen. «Sie zeigen, wie sich türkische Soldaten um verwundete Feinde kümmern», so Ahmet Tak, der Präsident des Dachverbandes der türkischen Elternvereine in der Ostschweiz.

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