Stadt Zürich

«Panikspirale»: Wegen Pannen im Zug landen Menschen beim Psychologen

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Zürich,

Ein Zug in Zürich blieb am Montagmorgen im Tunnel stehen. Diese ausweglose Situation hat bei manchen Passagieren Panik ausgelöst.

Zug
Im blockierten Zug wurde es den Passagieren zusehends unwohl. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Über eine Stunde mussten Pendler in Zürich am Montagmorgen im Tunnel ausharren.
  • Eine Person drückte den Notfallknopf.
  • «In solchen Momenten ist es wichtig, den Fokus bewusst zu lenken», sagt eine Therapeutin.

Die Zugfahrt nach Zürich wurde für mehrere Hundert Pendlerinnen und Pendler zum Albtraum. Über eine Stunde lang steckte die S-Bahn zwischen Tiefenbrunnen und Stadelhofen am Montagmorgen im Tunnel fest.

Ausharren mussten die Passagiere im Zug unter schwierigen Umständen. Teilweise sassen sie im Dunkeln, weil das Licht immer wieder ausfiel. Zudem schwitzten sie – die Lüftung war ausgefallen.

Aus dem blockierten Zug aussteigen und durch den Tunnel laufen, kam nicht infrage. Die SBB verwies auf Sicherheitsgründe. Zuerst mussten die Reisenden die Ankunft des Lösch- und Rettungszugs abwarten.

«Zittert und macht Atemübungen»

Diese ausweglose Situation löste bei manchen Passagieren Panik aus. Ein Nau-Leser berichtete von einer Mitreisenden, die schwer mit sich kämpfte. «Sie zitterte und machte Atemübungen.»

Die SBB macht im Falle von Klaustrophobie oder Panikattacken auf den Notfallknopf aufmerksam.

Hättest du Panik, wenn du in einem Tunnel stecken bleiben würdest?

In modernen Zügen befindet sich ein solcher im Eingangsbereich.

Hilfe von Personal im Zug

«Durch das Betätigen dieses Knopfes wird eine direkte Verbindung zur Einsatzleitzentrale der Transportpolizei hergestellt», sagt SBB-Mediensprecherin Mara Zenhäusern.

In begleiteten Zügen könnten sich Reisende auch direkt an die Kundenbegleiterinnen und Kundenbegleiter wenden. «Sie sind geschult, in solchen Situationen Unterstützung zu leisten.»

Am Montagmorgen drückte eine Person im blockierten Zug den Notfallknopf. Diese gab laut SBB gesundheitliche Probleme an. «Die Transportpolizei bot vorsichtshalber die Ambulanz auf, welche die Person nach der Evakuierung im Bahnhof Stadelhofen in Empfang nahm.»

«Uralte Ängste»

Angelina Tukara ist psychologische Beraterin und Therapeutin. Sie weiss, warum das Steckenbleiben im Tunnel für viele Menschen ein Horrorszenario ist. «Die Vorstellung, in einem Tunnel eingesperrt zu sein, aktiviert bei vielen Menschen uralte, evolutionär verankerte Ängste.»

Es gehe dabei nicht nur um die Enge oder Dunkelheit, sagt Tukara. «Sondern vor allem um den Verlust von Kontrolle und Handlungsfreiheit.» Das Gehirn interpretiere solche Situationen als potenziell bedrohlich, obwohl objektiv keine akute Gefahr bestehe.

Das limbische System ist für emotionale Reaktionen zuständig. Insbesondere dieses reagiert laut Tukara auf solche Reize mit einer Alarmbereitschaft. Diese äussere sich psychisch als Angst und körperlich als Stressreaktion.

Wie reagieren bei Klaustrophobie?

Besonders stark sein müssen Menschen im Tunnel, die an Angst- und Panikattacken leiden. Rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung ist laut dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) von psychischen Problemen betroffen. Angststörungen zählen zu den häufigsten Symptomen.

Wie sollen Menschen mit Klaustrophobie oder Panikattacken reagieren, wenn sie im Tunnel stecken bleiben?

«In solchen Momenten ist es wichtig, den Fokus bewusst zu lenken», sagt Angelina Tukara. Dabei solle man den Fokus von der äusseren Situation weg auf das eigene innere Erleben lenken.

Rechnen und Zählen im Zug

Hilfreich sind laut der Therapeutin Atemtechniken, zum Beispiel langsames Ein- und Ausatmen im Rhythmus. Auch körperzentrierte Übungen könnten helfen. «Etwa bewusstes Spüren der Füsse auf dem Boden.»

Selbstinstruktionen, die beruhigen, sind eine weitere Möglichkeit. So könne man sich Sätze sagen wie: «Ich bin sicher. Das geht vorbei.»

Zug
Hilfreich sind laut Therapeutin Angelina Tukara Atemtechniken, zum Beispiel langsames Ein- und Ausatmen im Rhythmus. - zVg.

Laut Tukara kann auch helfen, sich mit kleinen Rechenaufgaben oder dem Zählen von Gegenständen geistig zu beschäftigen. «Diese Strategien fördern die Selbstregulation und verhindern ein Hineingeleiten in die Panikspirale.»

Trauma als Folge

Die Zugfahrt am Montagmorgen könnte für manche Passagiere vorläufig die letzte gewesen sein.

Zug
Manche Menschen meiden Bahnfahrten und Tunnels, sind sie dort einmal mit dem Zug stecken geblieben. - keystone

«Das Ereignis kann als psychisch überwältigend und damit traumatisch empfunden werden», bestätigt die Therapeutin. Dies, wenn eine Person in der Situation starke Hilflosigkeit oder Ausgeliefertsein erlebt habe.

«Besonders, wenn keine Unterstützung verfügbar war.»

Therapie helfe

Tukara begegnen in ihrer Praxis immer wieder Menschen, die langfristig unter Angst- und Vermeidungsmustern leiden. Auslöser sind Ereignisse im Zug, im Flugzeug oder auch im Lift, welche die Patienten als bedrohlich erlebten.

«In solchen Fällen hat sich eine therapeutische Begleitung als sehr hilfreich erwiesen», sagt Tukara. Dabei würden Methoden wie autogenes Training, Hypnose, traumasensible Gesprächstherapie oder imaginative Verfahren angewandt.

«Die emotionale Ladung des Erlebnisses kann dadurch verarbeitet werden.» Auch könne das Vertrauen in den eigenen Körper und Alltag allmählich wiederhergestellt werden.

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Kommentare

User #1294 (nicht angemeldet)

Ich hätte keine Freude, würde vielleicht sogar fluchen (soll gesund sein), aber Trauma, psychische Probleme????

User #6505 (nicht angemeldet)

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