Der Anwalt des angeklagten 37-Jährigen fordert vor dem Zürcher Obergericht Freispruch für seinen Mandanten. Dieser soll einen Türsteher erschossen haben.
zürcher obergericht
Das Zürcher Obergericht hat den Galeristensohn zu 12 Jahren Haft verurteilt. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In dem Prozess um die Tötung eines Türstehers steht ein 37-Jähriger vor Gericht.
  • Der Anwalt des Beschuldigten fordert dessen Freispruch.
  • «Szeneübliches Geschwätz» sei keine Mordabsicht.

Vor dem Zürcher Obergericht hat am Dienstag der Anwalt des 37-jährigen Beschuldigten einen Freispruch gefordert. Es könne nicht bewiesen werden, dass sein Mandant einen 30-jährigen Türsteher erschossen habe. «Szeneübliches Geschwätz» sei keine Mordabsicht.

Der 37-jährige Beschuldigte, ein Schweizer mit kosovarischen Wurzeln, und das spätere Opfer waren schon vor dem Tötungsdelikt immer wieder aneinandergeraten. Auch auf Social Media trugen die beiden Gruppen-Anführer ihren Kleinkrieg aus.

«Aus dem szeneüblichen Geschwätz eine Mordabsicht ableiten zu wollen, wäre aber verfehlt», sagte sein Anwalt. Es könne nicht bewiesen werden, dass sein Mandant im März 2015 die tödlichen Schüsse auf den 30-jährigen Montenegriner abgegeben habe.

Die Schüsse bei der Tankstelle in Zürich-Affoltern könnten auch von einem Dritten abgefeuert worden sein. Der Anwalt forderte in seinem Plädoyer deshalb einen Freispruch, allenfalls maximal eine Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen Angriffs, wobei der Notwehr-Aspekt berücksichtigt werden müsse.

Staatsanwalt fordert Verwahrung

Für den Staatsanwalt war die Sache jedoch eindeutig: Der beschuldigte zweifache Vater erschoss den Montenegriner von hinten, als dieser flüchtend vor ihm wegrennen wollte. Dafür forderte er eine lebenslängliche Freiheitsstrafe sowie eine Verwahrung.

Seine Forderung nach einer Verwahrung begründete der Staatsanwalt damit, dass es beim Beschuldigten «keinerlei Lerneffekt» gebe. In den sechs Jahren, in denen er nun schon im Gefängnis sitze, sei er immer wieder auffällig geworden und habe diszipliniert werden müssen. Wer zu Texten wie «Alles was ich brauche, nehme ich mit Gewalt» schattenboxe, lerne offensichtlich nichts dazu.

Das Bezirksgericht Zürich hatte den Gewohnheitsverbrecher im März 2020 zu einer Freiheitsstrafe von 16,5 Jahren verurteilt, allerdings sah es von einer Verwahrung ab.

37-Jähriger wurde 2015 verhaftet

Im März 2015 lieferten sich die zwei verfeindeten Gruppierungen und ihre «Anführer» einen eigentlichen Showdown an einer Tankstelle in Zürich-Affoltern. Auf Geheiss des Haupttäters nahm einer seiner Begleiter, ein heute 27-jähriger Türke, eine Schusswaffe mit. Auch dieser steht nun vor Obergericht.

Am Ende des Streits lag der 30-jährige Türsteher und Kampfsportler, offenbar ein Mitglied der Hooligang-Gruppierung «Zürichs kranke Horde», mit einem Rumpfdurchschuss am Boden und verblutete.

Nachdem der 37-Jährige im Jahr 2015 verhaftet wurde, entbrannte im Kanton Zürich eine hitzige Debatte über das Sozialhilfesystem, weil bekannt wurde, dass er für sich und seine Familie während Jahren Sozialhilfe bezog und sich gleichzeitig weigerte, an Arbeitsprogrammen teilzunehmen.

Seine Wohnortsgemeinde im Zürcher Unterland kürzte ihm und seiner Familie deshalb mehrfach die Beiträge. Sein Einkommen besserte er nebenher über Jahre mit kommerziellem Hanfanbau auf. Der Prozess wird voraussichtlich noch den ganzen Dienstag andauern. Dass noch am gleichen Tag ein Urteil gefällt wird, ist unwahrscheinlich.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

StaatsanwaltFreispruchGewaltVater