Eine syrische Familie wurde 2014 vom Schweizer Grenzschutz festgehalten, als die Frau eine Fehlgeburt erlitt. Nun verlangt die Familie eine Genugtuung.
Das betroffene Ehepaar am Donnerstag vor dem Gerichtsgebäude in St. Gallen.
Das betroffene Ehepaar am Donnerstag vor dem Gerichtsgebäude in St. Gallen. - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Frau erlitt eine Fehlgeburt, als sie von der Schweizer Grenzwacht festgehalten wurde.
  • Die Grenzwacht alarmierte trotz der Schmerzen der Frau keinen Arzt.
  • Danach wurde die syrische Familie nach Italien abgeschoben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht hat eine syrische Familie am Donnerstag eine Genugtuung von rund 159'000 Franken und Schadenersatz von total 136'000 Franken gefordert. Die Frau erlitt im Juli 2014 nach der Abschiebung aus der Schweiz nach Italien eine Fehlgeburt.

Zuvor waren die Syrerin, ihre Familie und weitere syrische Flüchtlinge in Brig VS von der Grenzwache festgehalten worden. Die Schweizer Grenzwacht alarmierte trotz der zunehmenden Schmerzen der Schwangeren keinen Arzt. Die Fruchtblase war geplatzt und die Frau blutete.

Noch heute Depressionen und Belastungsstörung

Die Anwältin der Familie führte vor dem Bundesverwaltungsgericht aus, dass ihre Mandantin noch heute an einer posttraumatischen Belastungsstörung und Depressionen leide. Sie habe in den Räumlichkeiten des Grenzwachtkorps Angst und Panik gehabt. Sie habe sich den Grenzwächtern ausgeliefert gefühlt, die nichts unternahmen, obwohl der Ehemann mehrmals um Hilfe bat.

Heute falle es der Frau wegen einer Anpassungsstörung schwer, den Alltag zu meistern. Die Anwältin betonte, die unterlassene Hilfeleistung und die Fahrt nach Italien unter unerträglichen Schmerzen seien ursächlich gewesen für die psychischen Leiden.

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Eine schwangere Syrerin erhielt 2014 von der Schweizer Grenzwache trotz starker Schmerzen keine medizinische Hilfe. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Entgegen der Ansicht des eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) sei die Traumatisierung der Frau nicht auf die Fehlgeburt, zu der es danach in einem Spital in Italien kam, zurückzuführen, sagte die Anwältin. Wie das EFD zu diesem Schluss komme, sei völlig offen.

Auch für den Ehemann und die drei damals minderjährigen Kinder forderte die Anwältin Genugtuungen, weil diese die Ereignisse in Brig hilflos miterleben mussten. Der Mann müsse heute das Leben wegen der psychischen Probleme der Frau praktisch alleine meistern.

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