Milder Winter schadet Wald nicht - aber Frühlingsfrost droht
Das Wichtigste in Kürze
- In Gärten und Hecken entfalten sich derzeit die ersten Blätter, die Blüten von Obstbäumen ziehen Bienen an.
Auch im Wald sind die Knospen im Begriff, sich zu öffnen.
Der Frühling kommt, nachdem es kaum richtig Winter gewesen ist. Im rekordwarmen Winter gab es mehrere Nächte, in denen die Temperaturen nicht unter 10 oder sogar 12 Grad fielen. Tage wiesen Werte von teilweise über 20 Grad auf.
Das könnte Waldbäume vor Probleme stellen: Um sicherzustellen, dass der Winter vorbei ist, und für ein optimales Wachstum benötigen Bäume und Sträucher in gemässigten Klimazonen einen Kältereiz, also kalte Temperaturen für eine bestimmte Zeit. Sind die Knospen nicht ausreichender Kälte ausgesetzt, kommen die Bäume nicht aus der Winterruhe.
Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowie der Universität Neuenburg untersuchten nun, welche Auswirkungen zu milde Wintertemperaturen auf die Vegetation haben könnten.
Das Experiment läuft weiter, wie die beiden Institutionen am Donnerstag mitteilten. Dabei untersucht der Doktorand Frederik Baumgarten den Kältebedarf von sechs verbreiteten Baumarten.
Erste Ergebnisse zeigen, dass einige Arten wie Eiche oder Birke weniger Kälte brauchen als andere, um aus der Winterruhe zu kommen. Ihr Austrieb im Frühjahr könnte daher mit der Erwärmung des Klimas immer früher erfolgen.
Im Gegenteil dazu benötigen andere Arten wie Buche oder Ahorn ziemlich viel Kälte, um sich im Frühjahr optimal entwickeln zu können. Baumgartens Analysen zeigten, dass Temperaturen insbesondere unter vier Grad bei einigen Arten wirksamer sind, um sie «aufzuwecken». Bei anderen können alle Temperaturen unter zehn Grad ähnlich wirksam sein, erklärte der Forscher gemäss Communiqué.
WSL-Fachmann Yann Vitasse fügte hinzu, dass es im am Donnerstag beendeten Winter kalt genug war, um die Knospenruhe der Bäume aufzuheben. Sehr milde Spätwintertemperaturen wie in diesem Jahr lockten die Vegetation früher aus der Winterruhe.
Dies gelte insbesondere für frühe Arten, die weniger Kälte zum Aufwachen benötigen, wie viele Obstbäume, aber auch Hainbuchen, Birken und viele Sträucher. So zeigen lange Datenreihen von WSL und Universität Neuenburg gemäss Vitasse, dass etwa Apfel- und Kirschbäume heute durchschnittlich etwa zwei Wochen früher als in den 1970er Jahren blühen.
Da die Vegetation wegen der globalen Erwärmung die Vegetation früher austreibt, wird sie gemäss den Fachleuten anfälliger für Frühlingsfröste. 2020 gilt dieses Risiko wegen des milden Februar als besonders hoch. Matchentscheidend sind die Temperaturschwankungen im März und April.
«Insgesamt hat jedoch das Risiko von Frühfrösten im Tiefland mit der allgemeinen Klimaerwärmung nicht zugenommen», liess sich Professorin Martine Rebetez zitieren. Sie leitete vor zwei Studien zu diesem Phänomen. Oberhalb von 800 Metern sei jedoch die Gefahr von Frühjahrsfrösten leicht angestiegen.
In den Jahren 2016 und 2017 kam es im April nach sehr milden Perioden zu folgenschweren Frösten. Insbesondere der Kälteeinbruch von 2017 verursachte in den Obstgärten in der Schweiz, Österreich und Deutschland immense Schäden.
Gemäss Rebetez war das aber eine Ausnahmesituation. Frost sei auf dem hiesigen Breitengrad schon immer ein Risiko gewesen. So sage eine Bauernregel, dass es bis Anfang Mai regnen sollte. Eine dicke Wolkendecke verhindere nämlich eine starke nächtliche Abkühlung.