Um die Frage zur Kostenübernahme der Pflege eines marokkanischen Kindes entstand ein jahrelanger Rechtsstreit.
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Ein Ehepaar in der Schweiz übernahm die Pflege eines marokkanischen Kindes. Doch wer übernimmt die Kosten? (Symbolbild) - Pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Ehepaar aus dem Aargau übernahm die Pflege eines marokkanischen Kindes.
  • Weil der Vater des Kindes nicht einwilligte, konnten sie es jedoch nicht adoptieren.
  • Als die Stadt 99'867 Franken von dem Ehepaar forderte, entbrannte ein Rechtsstreit.
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Im Jahr 1999 gelangte ein in Marokko geborenes zweijähriges Kleinkind in die Schweiz. Nach dem Tod der Mutter konnte – oder wollte – sich der Vater nicht um das Kind kümmern. Es kam zu seiner Tante und deren Mann nach Solothurn, wo die beiden lebten und es adoptieren wollten.

Doch kurze Zeit später erhielten die Behörden eine Gefährdungsmeldung und das Kleinkind wurde in einem Kinderheim untergebracht. Wie das «Zofinger Tagblatt» berichtet, wurde der Tante die Pflegebewilligung entzogen.

Ehepaar kann Kind nicht adoptieren – Erlaubnis des Vaters fehlt

Schliesslich landete das Kind bei einer Pflegefamilie in Rheinfelden bei einem der Fachstelle für Adoption gemeldeten Ehepaar. Weil der Vater des Kindes jedoch keine Erlaubnis zur Adoption erteilte, erhielt es eine Vormundschaft.

Das Kind verfügte bis dahin über eine ausländerrechtliche Bewilligung im Kanton Solothurn. Die Fremdenpolizei des Kantons Aargau informierte das Ehepaar, dass das Kind aufgrund des Kantonswechsels eine Bewilligung des neuen Wohn-Kantons benötige.

Pflegeeltern verpflichten sich zur Übernahme «sämtlicher Kosten»

Das Ehepaar verpflichtete sich daraufhin, «für sämtliche Kosten des Unterhaltes und für alle öffentlich-rechtlichen Ansprüche voll und ganz aufzukommen». Dies beziehe sich auf die Kosten, «die aus dem Aufenthalt des Kindes während der Anwesenheit in der Schweiz entstehen. Und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer und die spätere Entwicklung des Pflegeverhältnisses».

Das Kind verbrachte später fünf Monate in einem Internat sowie über zwei Jahre in einem Jugendheim. Ab Dezember 2016 hielt es sich knapp ein Jahr in einer Jugendwohngruppe auf. Die von der Stadt Rheinfelden übernommenen Kosten wurden dem Ehepaar durch den Sozialdienst Rheinfelden schliesslich in Rechnung gestellt.

Stadt fordert knapp 100'000 Franken

Als das Ehepaar die Zahlung verweigerte, kam es laut «Zofinger Tagblatt» zu einem Rechtsstreit. Die Stadt Rheinfelden verklagte das Paar beim Verwaltungsgericht auf Unterhaltskosten über 99'867 Franken.

Die Summe sollte neben den Institutions-Beiträgen auch ärztliche und psychiatrische Behandlungen sowie die Krankenversicherung und mehr umfassen.

Bei Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung habe den Pflegeeltern jedoch eine analoge Erklärung der vorher benannten Tante vorgelegen, wie das Paar begründet. Diese Erklärung würde erst abgelöst werden, wenn das Kind durch Dritte adoptiert werde oder in sein Heimatland zurückkehre.

Verwaltungsgericht entscheidet: Hauptbetrag zurückgewiesen

Der Fall wurde vom Bundesgericht an das Aargauer Verwaltungsgericht überwiesen, welches jetzt grösstenteils zugunsten der Pflegeeltern urteilte: Diese müssen 26'930 Franken an die Stadt Rheinfelden zurückerstatten – der restliche Betrag wurde zurückgewiesen.

Begründet wurde die Zurückweisung auch damit, dass das Kind zum Zeitpunkt einiger Forderungen bereits volljährig war. Da es sich zudem nicht mehr in einer Ausbildung befand, unterlagen die Pflegeeltern keiner Unterhaltspflicht mehr.

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