Lädeli verkauft Briefmarken günstiger als die Post
In Rapperswil SG verkauft Hans Grünenfelder mithilfe seiner 90-jährigen Mutter gültige Marken unter Nennwert. Ein Besuch zeigt, wie das möglich ist.

Das Wichtigste in Kürze
- Hans Grünenfelder verkauft gültige Briefmarken im Onlineshop unter Nennwert.
- Seine 90-jährige Mutter klebt die Marken von Hand zu praktischen Streifen.
- Die Marken stammen aus alten Sammlungen und landen wieder als Porto auf Briefen.
- Die Post bestätigt die Gültigkeit, warnt aber vor Fälschungen und Billig-Anbietern.
Im Internet wirkt der Frankatur-Shop von Hans Grünenfelder (64) unscheinbar. Doch wer sich durchklickt, staunt: Denn dort finden sich gültige Schweizer Briefmarken unter Nennwert.
Eine Marke für einen Franken kostet zum Beispiel nur neunzig Rappen. Die Bestellung ist simpel, die Marken kommen per Post nach Hause.
Was die 1-Franken-Marken für 90 Rappen möglich macht
Ein Augenschein in dem Briefmarken- und Münzgeschäft in Rapperswil SG zeigt, wie das möglich ist: Hier stapeln sich Alben, Bögen und Kartons.
In Schubladen liegen thematisch sortierte Marken, von Fussball bis Natur. Auf einem Tisch türmen sich Ausschnitte, Bögen und Etiketten.

Mit geübtem Griff blättert der Inhaber in einem Album, das er einer Kundin aus Winterthur abgekauft hat.
Er zeigt auf einzelne Felder. «Ich suche nur die Marken, die ungestempelt sind und noch gültig sind», sagt er. Gestempelte Stücke schiebt er zur Seite. Die gültigen Marken wandern in eine andere Kiste.

Für sauber sortierte Bestände bezahlt er nach eigenen Angaben meist nur noch einen Bruchteil des Nennwertes. «Wenn einer mit schön sortierten Marken kommt, dann zahlen wir sechzig Prozent vom Franken», erklärt er.
Das macht also die 1-Franken-Märkli für 90 Rappen in seinem Online-Shop möglich.
«Es ist eine Riesenarbeit»
Doch: Damit aus losen Marken ein Produkt wird, das sich einfach verarbeiten lässt, braucht es viel Handarbeit.
Grünenfelder erzählt, wie seine 90-Jährige Mutter und seine Schwester zuhause die Marken auf schmale Etiketten kleben.
«Es ist eine Riesenarbeit», sagt er. «Aber so können wir den Kunden ganze Sätze in praktischen Streifen anbieten.»

Wer den Laden besucht, kann auch nach Motiven fragen. «Ein Investmentbanker wollte für seinen Optiker nur Marken mit Brille drauf», erzählt Grünenfelder und lacht. «Dann suche ich im Lager, bis ich genug passende Marken finde.»
Früher klebte der Betrieb Serien für grosse Organisationen und Hilfswerke. Laut Grünenfelder verschickten seine Leute zeitweise bis zu zwei Millionen Couverts pro Jahr.
«Wir haben für Blindenvereine, kirchliche Werke und andere Institutionen geklebt», sagt er. «Die Rücklaufquote war besser, wenn die Leute eine schöne Marke auf dem Couvert sahen.»
Wer hier bestellt und warum
Die Kundschaft ist gemischt. Ärzte, Architekten oder Treuhänder decken sich mit dezenten Motiven ein.
Stiftungen und Vereine buchen grössere Mengen für Spendenbriefe. «Die wollen, dass der Brief auffällt und trotzdem weniger Porto kostet als am Schalter», sagt Grünenfelder.
Andere bestellen einfach für den privaten Alltag. Wer regelmässig Rechnungen verschickt oder noch klassische Briefe schreibt, spart mit jedem Couvert ein paar Rappen.
«Wenn einer für ein Jahr Marken nimmt, sind schnell hundert Franken Unterschied drin», meint der Händler.
Post warnt vor Tiefpreis-Marken aus dem Ausland
Die Schweizerische Post bestätigt auf Anfrage, dass viele dieser Marken weiterhin gültig sind. Gültig sind alle Sonder-, Dauer- und Werbemarken ab 1961, dazu Pro-Patria- und Pro-Juventute-Marken ab 1964 sowie einige ältere Serien.
Mediensprecher Patrick Stöpper schreibt, die Post verkaufe ihre Briefmarken nicht unter Nennwert.
Zur Arbeit von Händlern wie Grünenfelder hält er fest: «Wenn diese Briefmarken echt sind, ist die Preissetzung beim Weiterverkauf Sache des Händlers.»
Er warnt aber auch: «Bei grossen Mengen, insbesondere bei ungewöhnlichen Anbietern (z.B. aus dem Ausland) und auffällig tiefen Preisen ist Vorsicht bezüglich Echtheit geboten.»
Gefälschte Marken tauchen laut Stöpper immer wieder auf. Verdachtsfälle nehme man ernst, die Post leite jeweils die nötigen Schritte ein.
Die Fälschung amtlicher Wertzeichen sei ein Straftatbestand und könne strafrechtliche Folgen haben.
Trotz sinkender Briefmengen bezeichnet die Post die Marke als Teil eines kulturellen Erbes. Man verstehe sich als Gestalterin von Zeitgeschichte und wolle Briefmarkensammler weiterhin ansprechen. Parallel dazu werde das Angebot an digitalen Frankierlösungen ausgebaut.
Leute kauften Marken früher als Anlage
Im Lädeli in Rapperswil wird sichtbar, was das in der Praxis heisst. Sammlungen, die früher als Anlage galten, bringen heute oft nur noch wenig Geld.
«Früher hat man Bögen mit der Hoffnung gekauft, dass sie im Wert steigen», sagt Grünenfelder. «Heute sind viele froh, wenn sie die Alben überhaupt noch loswerden.»

Aber: «Es ist doch schön, wenn die Marken wieder auf einem Brief landen und nicht im Keller verstauben», sagt Grünenfelder.
Für seine Kundschaft ist es vor allem eines: eine Möglichkeit, beim Porto zu sparen, ohne auf echte Briefmarken zu verzichten.












