Gerade bei Jungen liegt Zahlen mit dem Handy im Trend. Immer mehr lassen deshalb ihr Portemonnaie ganz zu Hause. Das bringt auch Tücken mit sich.
Immer mehr Junge zahlen mit dem Handy. - Nau.ch/Nico Leuthold

Das Wichtigste in Kürze

  • Zahlen mit dem Handy liegt nach Debitkarte und Bargeld auf Platz 3 der Zahlungsmittel.
  • Eine Nau.ch-Umfrage zeigt: Einige nehmen nur noch das Handy zum Bezahlen mit.
  • Ein Experte warnt: Besser nicht nur das Handy mitnehmen!
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«Wozu sollte ich das Portemonnaie mitnehmen, wenn es doch mobile Bezahl-Apps wie Twint gibt?» Nau.ch-Leser Daniel P.* (24) verlässt sich beim Einkaufen vollkommen auf die Technik – Bargeld oder Karten hat er kaum jemals mit dabei.

Wenn kein Empfang verfügbar ist oder die Technik spinnt, dann wird es schnell ungemütlich für P. «Ich muss dann immer bei meinen Freunden schnorren», sagt er.

Mobiles Zahlen liegt im Trend

Und der Berner erzählt: «Nach einem Wochenende in Zürich suchte ich überall mein Portemonnaie, ich dachte, ich hätte es irgendwo verloren.» Bereits eine Verlustanzeige bei der SBB hatte er erstellt.

Twint
Twint verspricht Zahlungen in Sekundenschnelle.
Twint
Bis diese Nachricht aufblinkt, kann es aber auch mal dauern.
Portemonnaie
Waren es früher die Münzenzähler, sind es heute die Twint-Nutzer, die für lange Schlangen sorgen.
Kreditkarte
Die Händler weisen darauf hin, dass viele noch weitere Zahlungsmittel bei sich haben.
Apple Pay
Ob und wann es zu schnellen NFC-Zahlungen wie mit Apple Pay kommt ist noch unklar.

Am Ende stellte sich jedoch raus: P. hatte sein Portemonnaie zu Hause gelassen. «Ich habe das gar nicht gemerkt, weil ich alles mit dem Handy bezahlt habe.» Und nach einem Ausweis werde er sowieso «nie» gefragt.

Damit ist der Nau.ch-Leser nicht alleine.

Zahlen mit dem Handy ist «praktischer»

Eine Nau.ch-Umfrage auf den Strassen von Zürich zeigt: Wie P. hat längst nicht mehr jeder das Portemonnaie dabei.

David sagt: «Es ist einfacher für mich, wenn ich mit dem Handy zahlen kann und das Portemonnaie nicht immer dabei haben muss.»

Haben Sie Ihr Portemonnaie dabei, wenn Sie aus dem Haus gehen?

«Kurze Spontankäufe sind praktischer mit dem Handy zu erledigen», sagt auch Thierry. Es sei «mehr accessible» (zugänglich), wenn man das Handy einfach nur hinhalten könne.

Andere gehen lieber auf Nummer sicher. «Ich habe es immer dabei, inklusive etwas Bargeld. Es gibt schliesslich immer noch Orte, wo man nicht mit Karte oder Twint zahlen kann», erklärt Noah.

Natalie sagt: «Ich brauche Twint sehr häufig, gerade um Freunden etwas zurückzuzahlen. Ich bin aber froh, dass es immer noch Bargeld gibt.»

Auch Zahlungsmittelforscher geht ohne Portemonnaie aus dem Haus

Statistische Daten dazu, ob Schweizerinnen und Schweizer ihr Portemonnaie noch mit sich führen, gibt es bislang keine. Zahlungsmittelforscher Marcel Stadelmann von der ZHAW verweist gegenüber Nau.ch auf den kontinuierlichen Anstieg mobiler Zahlungen.

«Deshalb scheint es durchaus möglich, dass das Portemonnaie immer häufiger gar nicht mehr mitgeführt wird, wenn sowieso mobil bezahlt wird.»

Zahlungsmittelforscher Marcel Stadelmann
Zahlungsmittelforscher Marcel Stadelmann - zvg

Persönlich so wie anekdotisch könne er die Beobachtung bestätigen. «Ich habe das Portemonnaie häufig auch nicht mehr dabei, wenn ich das Haus verlasse», sagt Stadelmann.

Doch welche Probleme ergeben sich dadurch? Stadelmann verweist einerseits darauf, dass es weiterhin Händler und Lokale gibt, die keine bargeldlosen Zahlungen akzeptieren. Zudem könne auch das Zahlungsterminal wegen Verbindungsproblemen oder einem Stromausfall immer ausfallen.

Und: «Wer nur das Handy mit sich führt, trägt zudem auch noch das Risiko, dass das Handy ausfällt.» Sei es, weil das Handy eine Störung hat, es kaputt oder verloren geht oder es gestohlen wird.

Handyhüllen als Portemonnaie-Ersatz

«Andererseits haben heute immer mehr Personen in der Handyhülle noch physische Karten (ID, Debitkarte, Kreditkarte etc.) dabei, was das zweite Problem beseitigen würde», so der ZHAW-Forscher. Hier stelle sich die Frage, ob solche Hüllen nicht auch als Portemonnaie bezeichnet werden können.

Er glaubt: «Ganz überflüssig dürfte ein solches Aufbewahrungsmittel mittelfristig nicht werden.» Denn: Zum Beispiel amtliche Ausweise müssen bis auf Weiteres vorgelegt werden. «Es reicht entsprechend nicht aus, nur das ‹nackte› Handy mitzuführen.»

* Name von der Redaktion geändert

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