Immer mehr werden durch Zecken krank – weil es wärmer wird
Die Fälle der von Zecken übertragenen Krankheiten sind auf «sehr hohem Niveau» oder nehmen sogar zu. Ein Grund dafür könnten klimatische Veränderungen sein.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Zecken-Saison ist in vollem Gange.
- In den vergangenen Jahren ist die Anzahl FSME-Fälle angestiegen.
- Die neuen Bedingungen sind «sicher nicht zum Nachteil der Zecken», so ein Experte.
In Schweizer Wiesen und Wäldern lauern aktuell wieder viele Zecken. Bei Spaziergängen im Wald oder Picknicks im Park ist deshalb Vorsicht geboten.
Für Menschen sind die kleinen Blutsauger nicht ungefährlich: Sie können eine Reihe von Krankheiten übertragen. Und die Fälle nehmen zu.
Philipp Jent, Leiter Infektionsprävention und -kontrolle am Berner Inselspital, hält gegenüber Nau.ch fest: «Seit einigen Jahren beobachten wir eine Zunahme von FSME bei den Hirnhautentzündungen, sowie auch von Ausschlägen durch Borreliose.»

Bis zum 17. Juni wurden gemäss den aktuellen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) 77 FSME-Fälle sowie über 2300 Borreliose-Fälle verzeichnet.
Lyme-Borreliose ist die häufigste zeckenübertragene Erkrankung in der Schweiz. «Rund fünf bis dreissig Prozent der Zecken sind mit Borreliose-Bakterien infiziert», erklärt Jent.
Jährlich erkranken rund 10'000 Personen. Bei vielen verlaufe die Krankheit allerdings ohne Beschwerden und heile spontan. Ein Teil entwickle einen Ausschlag oder schwerere Formen der Krankheit.
0,1 bis fünf Prozent der Zecken in Risikogebieten tragen derweil FSME-Viren. Die Infektion sei inzwischen eine der häufigsten Ursachen für Hirnhautentzündungen, so Jent. Er fügt hinzu: «Sie wäre durch eine Impfung vermeidbar.»
FSME-Impfungen sind gefragt
Die Bevölkerung nimmt dieses Angebot offenbar zunehmend wahr. Am Inselspital werden Impfungen gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) «in den letzten Jahren etwas häufiger nachgefragt».
Auch die Gesundheitsgruppe Galenica, zu der die Apotheken Amavita, Coop Vitality sowie Sun Store gehören, bestätigt auf Anfrage: Bis Ende Mai 2025 wurden rund zehn Prozent mehr Impfungen als im Vorjahr verabreicht.
Doch was sind die möglichen Ursachen für die Zunahme von der von Zecken übertragenen Krankheiten?
Jent erklärt: «Wahrscheinlich durch klimatisch wärmere Bedingungen ist es in den letzten 20 Jahren zu einer Ausbreitung der Zeckengebiete, unter anderem auch in höhere Täler, und zu einer stärkeren Vermehrung der Zecken gekommen.»
Er fügt hinzu: «Wir gehen davon aus, dass die vermehrten FSME-Infektionen damit in Zusammenhang stehen.»
Die Zecken-Saison dauert in der Schweiz laut «Zeckenstich.ch» ungefähr von März bis November. Aber auch im Winter sind Zeckenstiche möglich. Sind die Temperaturen mild, sind Zecken nämlich ganzjährig aktiv.
Klimaveränderungen «nicht zum Nachteil der Zecken»
In Deutschland sind die Zeckenzahlen aktuell so hoch «wie noch nie», berichtete kürzlich die «Bild»-Zeitung.
Wie viele Zecken es in der Schweiz gibt, ist derweil nicht bekannt. Denn hierzulande werden dazu keine Grundlagendaten erhoben, wie Werner Tischhauser, Vizepräsident der Liga für Zeckenkranke Schweiz, erklärt.
«Ob es heute mehr Zecken gibt als noch vor 20 Jahren, das kann niemand mit wissenschaftlich erhobenen Grundlagendaten belegen», so der Experte.
Aber: In den letzten fünf Jahren seien die Fallzahlen auf einem sehr hohen Niveau gewesen (Borreliose), oder gar angestiegen (FSME).
«So komme ich zum Schluss, dass die, immer mehr von der Klimaveränderung beeinflussten Bedingungen der letzten Jahre sicher nicht zum Nachteil der Zecken und der Krankheitserreger, die von ihnen aufgenommen und übertragen werden, sind», hält Tischhauser fest.
Zecken mögen Laubmischwälder im Mittelland
Die Zeckendichte, also die Anzahl Zecken pro Fläche, sei derweil abhängig von der Ausprägung des Habitats.
«Zecken kommen überall dort vor, wo begrünte Oberflächen vorhanden sind», so der Forscher an der ZHAW. «Generell im ganzen Mittelland. Und in den Lagen unter zirka 1500 Meter über Meer, wo es mit Vegetation bewachsene Flächen hat.»
Am häufigsten treffe man immer noch am Waldrand und in der Streuschicht von Laubmischwäldern auf die blutsaugenden Parasiten. Immer öfter hätten Menschen aber auch in Grünflächen besiedelter Räume Zeckenkontakt, etwa im Hausgarten und Stadtparks.
In Lagen über 1500 Metern sei die Wahrscheinlichkeit, auf Zecken zu stossen, «recht klein». Und in Steinwüsten, beziehungsweise im Gebirge und Lagen über 2000 Metern über Meer, «sollten die Zecken noch kein Thema sein».
Aber: «Wie lange das noch so ist, ist unter anderem auch vom weiteren Verlauf der Klimaveränderung abhängig.»