Eine grosse Studie aus Deutschland fördert neue Ergebnisse zutage: Sie berechnet eine Mortalitätsrate von 0,37% - und eine enorm hohe Infektions-Dunkelziffer.
Coronavirus Infizierte Zahlen
Medizinisches Personal bespricht sich in einer Pause. Wie hoch ist die Dunkelziffer? - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Wissenschaftler ermittelten in einer Studie die Corona-Zahlen einer deutschen Stadt.
  • Das Ergebnis: 15 Prozent hatten sich infiziert, die Sterblichkeit betrug nur 0,37 Prozent.
  • Berechnet man mit den deutschen Daten die Schweizer Ansteckungen, kommt man auf 217'000.

Wie hoch ist die Dunkelziffer der Corona-Erkrankungen? Diese Frage beschäftigt uns schon seit Langem – Abschätzungen diesbezüglich sind jedoch nur bedingt möglich. Eine neue Studie aus Deutschland liefert nun erstmals absolute Zahlen. Aus den wissenschaftlichen Ergebnissen lassen sich enorm hohe Infektionszahlen berechnen.

Coronavirus Infektion Zahlen Infizierte
Im schwer betroffenen deutschen Gangelt fand man bei 15 Prozent der Personen Antikörper – sie alle hatten sich zuvor infiziert. - Keystone

Das ist jedoch kein Grund zur Sorge – im Gegenteil: Höhere Infektionszahlen bedeuten, dass bereits ein grösserer Teil der Bevölkerung Antikörper besitzt. Damit verfügen die Organismen von Genesenen über einen natürlichen Schutzmechanismus.

Viele Infektionen, wenige Tote

Ein Forscherteam der Universität Bonn führte nun erstmals eine umfassende Studie an Corona-Patienten durch. In der besonders schwer betroffenen deutschen Gemeinde Gangelt wurden 500 Personen, jeder zwölfte Bewohner, auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 getestet. Das Ergebnis war für alle überraschend: Bereits 15 Prozent der Bevölkerung besassen Antikörper gegen das Coronavirus und hatten somit eine Ansteckung bereits hinter sich.

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Wie tödlich ist das Coronavirus? Die Passagiere des Kreuzfahrtschiffs «Diamond Princess» wurden unfreiwillig zum Testobjekt. - Keystone

Dem gegenüber stehen in der Gemeinde in Nordrhein-Westfalen rund 45 Corona-Tote. Die Forscher berechneten daraus eine Mortalitätsrate des Virus von gerade einmal 0,37 Prozent. Die Ergebnisse seien zwar vorläufig, aber bereits wissenschaftlich signifikant, sagte der Leiter der Studie Hendrik Streeck am Donnerstag in Düsseldorf.

Damit errechneten die deutschen Wissenschaftler auf einer breiten Datengrundlage deutlich niedrigere Zahlen als andere zuvor. Zuvor diente das Kreuzfahrtschiff «Diamond Princess» als Versuchsraum: Dort steckten sich ebenfalls rund 15 Prozent der Personen an Bord an, die Sterblichkeit lag jedoch bei 1,2 Prozent. Da die Kreuzfahrtpassagiere jedoch überdurchschnittlich alt sind, ist das Ergebnis verzerrt.

217'000 Fälle in der Schweiz?

0,37 Prozent scheinen also tatsächlich ein realistischer Wert für die Sterblichkeitsrate in einem intakten, guten Gesundheitssystem zu sein. Hiermit lassen sich Berechnungen für die Schweiz anstellen: Die offiziellen Zahlen des BAG verzeichnen derzeit 805 Corona-Tote. Nimmt man an, dass dies gerade einmal 0,37% der Infizierten sind, kommt man auf eine enorme Zahl von 217'000 Coronavirus-Infektionen in der Schweiz.

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Ein Arzt auf der Intensivstation des Kantonsspitals in Sitten. - Keystone

Die Zahl ist beinahe zehnmal höher als die offiziell bestätigten 24'308 Fälle. Die Zahl ist selbst höher als die Zahl von 187'000 Coronavirus-Tests, die in der Schweiz während der Epidemie durchgeführt wurden.

Kein Grund zur Sorge – im Gegenteil

Die Zahlen liefern mehrere Ergebnisse. So geschieht einerseits die Ansteckung deutlich leichter als erwartet. Andererseits ist das Virus mit einer Mortalität von 0,37 Prozent aber auch deutlich harmloser als angenommen: Die meisten der 217'000 Infizierten dürften von der Infektion nicht einmal etwas mitbekommen haben. Bei gesunden Menschen könnte die Ansteckung also sogar symptomfrei verlaufen.

Die möglicherweise 217'000 Infizierten stellen auch einen natürlichen Schutz für die Bevölkerung dar: Selbst nach einer symptomfreien Ansteckung hat der Körper sich gegen das Virus immunisiert – wie bei einer Impfung. Dementsprechend bilden die Immunisierten einen natürlichen Schutz für die Gesellschaft: Menschen mit Antikörpern übertragen das Virus nicht, die Genesenen stellen eine Ansteckungsbarriere dar.

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Die alarmierenden Bilder von überfüllten Spitälern aus Italien (Bild: Brescia) zeigen, dass man das Virus nicht verharmlosen sollte. - Keystone

Die neuen, überraschend hohen Zahlen sind also eher beruhigend als besorgniserregend. Verharmlosen sollte man das Virus deswegen nicht: Die Erfahrungen aus Italien haben gezeigt, dass das Virus das Gesundheitssystem an den Rand des Kollaps bringen kann. Für die anstehende Massnahmen-Lockerung senden die neuen Zahlen jedoch vielversprechende Signale.

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