Die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments will die Crypto-Affäre untersuchen. Das hat die Kommission an ihrer heutigen Sitzung beschlossen.
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Über manipulierte Chiffriergeräte der Zuger Firma Crypto sollen ausländische Geheimdienste Jahrzehnte lang spioniert haben. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Spionage-Affäre um die Zuger Crypto AG wird durch das Parlament untersucht.
  • Das entschied die Geschäftsprüfungsdelegation heute.
  • Zur Diskussion steht auch die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission.

Die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) will die Geheimdienst-Affäre um die Zuger Firma Crypto untersuchen. Das hat sie am Donnerstag entschieden. Im Zentrum steht die Frage, was die Schweizer Behörden wussten.

Sie habe beschlossen, eine Inspektion durchzuführen im Zusammenhang mit der bekannt gewordenen Zusammenarbeit zwischen der Schweizer Firma Crytpo AG und ausländischen Nachrichtendiensten.

Das sagte GPDel-Präsident Alfred Heer (SVP/ZH) am Donnerstag vor den Bundeshausmedien. Erste Anhörungen sollen noch in diesem Monat stattfinden.

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SVP-Nationalrat Alfred Heer. - Keystone

Dass ausländische Nachrichtendienste die Schweizer Firma Crypto über Jahrzehnte hinweg für das Ausspionieren von Drittstaaten benutzt haben, zieht die GPDel nicht in Zweifel: Dieser Sachverhalt werde durch diverse Reaktionen in den dafür verantwortlichen Staaten grundsätzlich bestätigt, sagte Heer.

Betroffene Staaten haben offenbar bisher nicht reagiert: «Wir haben bis heute keine einzige Reaktion von potenziell betroffenen Staaten», sagte Bundesratssprecher André Simonazzi am Rande einer Medienkonferenz. Er verwies weiter auf die Untersuchung, die der Bundesrat bei alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer in Auftrag gegeben hat.

Die GPDel begrüsst den Schritt. Sie hält aber auch fest, dass dieser in der Öffentlichkeit und in der Politik als ungenügend erachtet werde. Zur Rolle der Schweizer Behörden habe der Bundesrat bisher nicht Stellung genommen, heisst es in einer Medienmitteilung.

Auch eine PUK steht zur Diskussion

Mit ihrer Inspektion will die GPDel als Oberaufsicht über die Nachrichtendienste und die Geheimbereiche des Bundes vor allem Berührungspunkte von Bundesstellen mit ausländischen Nachrichtendiensten in dieser Sache untersuchen.

Sie will sich dabei mit Oberholzer koordinieren und fordert, dass der alt Bundesrichter uneingeschränkten Zugang zu allen Archivbeständen erhält. Mit Blick auf die Anhörung von Personen, die im Dienst des Bundes stehen oder standen, macht sie indes Vorrang geltend.

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Der Sitz der Zuger Crypto AG. - Keystone

Zur Diskussion steht auch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Als schärfstes Instrument des Parlaments kann eine PUK bei Vorkommnissen von grosser Tragweite eingesetzt werden.

Bei den Informationsrechten gibt es indes keine Unterschiede: Die PUK und die GPDel verfügen über dieselben Befugnisse. Sie können alle notwendigen Informationen und Dokumente verlangen, auch Protokolle von Bundesratssitzungen und geheime Unterlagen.

Zeugen sollen angehört werden

Beide dürfen überdies Personen Zeugen einvernehmen und auskunftspflichtige Personen vorladen. Der Bundesrat kann der Befragung beiwohnen und Ergänzungsfragen stellen.

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Alt Bundesrat Kaspar Villiger (FDP): Was wusste er über die Crypto AG? - Keystone

Neben amtierenden und ehemaligen Behördenvertretern können sowohl die PUK als auch die GPDel bei Privatpersonen Auskünfte einholen und von solchen die Aktenherausgabe fordern. Privatpersonen haben allerdings keine Auskunftspflicht und keine Pflicht zur Herausgabe von Akten.

Forderungen nach einer Puk von der SP

Zur Crypto-Affäre hat die SP-Fraktion eine parlamentarische Initiative mit der Forderung nach einer PUK eingereicht. Das Büro des Nationalrates wird sich am Freitag damit befassen. Ob es bereits entscheidet, ist offen. Heisst es die Initiative gut, muss später noch das Büro des Ständerates darüber entscheiden.

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SP-Parteipräsident Christian Levrat muss noch etwas länger im Amt bleiben. - keystone

Stimmen beide Ratsbüros der Einsetzung einer PUK zu, wird ein Bundesbeschluss ausgearbeitet. Über diesen entscheidet anschliessend das Parlament, nachdem der Bundesrat dazu Stellung genommen hat. Nach Einsetzung einer PUK sind Abklärungen derselben Sache durch andere Kommissionen ausgeschlossen. Die GPDel-Inspektion könnte also wieder eingestellt werden.

Bisher vier Puk

Bisher wurde viermal eine PUK eingesetzt: zur Mirage-Affäre, zum Fichen-Skandal, zur P-26 und zur Eidgenössischen Versicherungskasse. Zur Diskussion stand die Einsetzung einer PUK unter anderem auch in der UBS-Steueraffäre. In diesem Fall entschied sich das Parlament dagegen.

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