Die Software der Firma Agisoft wird von einzelnen Kantonspolizeien zur Spurensicherung verwendet. Damit könnten russische Hacker ein leichtes Spiel haben.
Agisoft Programm
Das russische Programm Agisoft Metashape wird von einigen Kantonspolizeien trotz Sicherheitsbedenken verwendet. - agisoft/youtube

Das Wichtigste in Kürze

  • Einige Schweizer Kantonspolizeien nutzen die russische Spurensicherungs-Software Agisoft.
  • Die Softwarefirma hat über die Tochter von Wladimir Putin Verbindungen zum Kreml.
  • Experten vermuten, dass Hacker durch Sicherheitslücken Cyberattacken machen könnten.
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Die Schweiz ist keine Unbekannte für russische Hackerattacken. Von Angriffen auf das bundeseigene Labor Spiez BE bis hin zur Welt-Anti-Doping-Agentur in Lausanne. Cyberkriminelle aus Russland haben hier ihre Spuren hinterlassen.

Ein Artikel des «Tages-Anzeigers» legt nun offen, dass einige Schweizer Kantonspolizeien weiterhin auf eine russische Software namens Agisoft setzen. Agisoft ist ein IT-Unternehmen aus St. Petersburg, das eng mit Geoscan zusammenarbeitet – dem grössten Drohnenhersteller Russlands.

Beide Unternehmen teilen denselben Besitzer und Agisofts Entwicklungen werden von Geoscan als «unsere Software» bezeichnet. Hinter Geoscan steht Innopraktika, eine staatliche russische Stiftung für geistiges Eigentum. Interessanterweise wird diese Stiftung von Katerina Tichonowa geleitet – der Tochter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Wladimir Putin
Katerina Tichonowa ist die jüngere Tochter von Wladimir Putin. - Twitter

Nahe Verbindung zum Kreml

Tatsächlich führt eine direkte Linie von Agisoft über Innopraktika direkt in den Kreml nach Moskau. Wenn Geld zu Agisoft fliesst, dann machen auch Geoscan und damit die von Putins Tochter geleitete Staatsstiftung Profit.

Aber was genau macht Agisoft? Die Software, genannt Agisoft Metashape, wird hauptsächlich zur Spurensicherung eingesetzt. Sie hilft Forensikern dabei, Tatorte und Unfallstellen dreidimensional darzustellen. Einmal erworben, erhält der Käufer alle zukünftigen Updates kostenlos.

Sollten Schweizer Polizeien russische Software für Spurensuche weiterverwenden?

Die Software wird in der Schweiz von Remote Vision in Herisau AR vertrieben. Laut Geschäftsführer Ueli Sager ist die Software nicht nur bei Polizeibehörden beliebt: Unternehmen aus der Vermessungs-, Immobilien- und Baubranche nutzen sie auch.

Sicherheitsbedenken wegen Hackern

Trotz ihrer Beliebtheit wirft die Nutzung von Agisoft durch Schweizer Polizeibehörden einige Fragen auf. Ist es angesichts der Verbindungen zum Kreml und russischen Cyberattacken kein Sicherheitsrisiko? Könnten durch die Software nicht Daten abgegriffen werden?

Gerhard Andrey, Nationalrat und IT-Unternehmer, äussert sich besorgt gegenüber der Zeitung: «Ich kenne die Software nicht und kann die Gefahr nicht einschätzen. Man weiss aber, dass Staaten in Applikationen Hintertüren einbauen oder Sicherheitslücken ausnutzen, um Spionage und Cyberattacken zu orchestrieren.»

Wechsel zu alternativen Produkten

Angesichts dieser Bedenken haben einige Schweizer Polizeikorps begonnen, von Agisoft auf alternative Produkte umzusteigen. Die Berner Kantonspolizei beispielsweise hat ihre Nutzung der russischen Software im Sommer 2023 eingestellt. Auch die Kantonspolizei St. Gallen hat sich für ein Konkurrenzprodukt entschieden.

Hacker
Die Spurensicherungs-Software der russischen Firma Agisoft könnte Cyberattacken verbergen.
Vladimir Putin
Die Firma Agisoft soll eine direkte Verbindung zu Moskau haben.
Berner Kantonspolizei
Die Kapo Bern nutzte die Software Agisoft Metashape von 2016 bis 2023.
Cyber-Security
Die Sicherheitslage der russischen Software ist nicht gewährt. (Symbolbild)
Kantonspolizei Basel-Landschaft
Die Kantonspolizei Basel-Landschaft nutzt die Software weiterhin in einem Pilotprojekt.

Einige Polizeikorps nutzen weiterhin Agisoft – darunter die Baselbieter Kantonspolizei, die das Programm seit letztem Jahr in einer Pilotphase testet.

Selbst der Wiederverkäufer in Herisau hat Bedenken und plant den Wechsel zu einem anderen Anbieter. «Wir haben die Situation kritisch hinterfragt und den Wechsel auf ein alternatives Produkt bereits eingeleitet», erklärt Ueli Sager.

Agisoft selbst bestreitet eine besondere Nähe zu Geoscan und betont seine Unabhängigkeit seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 2006.

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