Gäste werden immer unfreundlicher – Beizer schulen Angestellte

Simon Ulrich
Simon Ulrich

Zürich,

Gastroverbände schlagen Alarm: Der Umgangston im Restaurant wird rauer. Schulungen sollen helfen, die Lage zu entschärfen.

Unfreundliche Gäste
Corona, Stress, Anspruchshaltung: Immer öfter kommt es in Restaurants zu verbalen Entgleisungen. (Symbolbild) - freepik.com

Das Wichtigste in Kürze

  • Gastronomen berichten von zunehmend fordernden und ungeduldigen Gästen.
  • Nach Corona nehmen Tonverfehlungen, Beleidigungen und No-Shows zu.
  • Schulungen helfen Personal, mit schwierigen Situationen souverän umzugehen.

«Der Kunde ist König», lautet ein oft wiederholtes Mantra in der Gastronomie. Doch wenn sich Gäste tatsächlich wie Könige aufführen, kann dies die Gastfreundschaft der Beizerinnen und Beizer arg überstrapazieren.

Und genau solche Fälle häufen sich.

«Gäste sind anspruchsvoller und fordernder»

Urs Pfäffli, Präsident vom Branchenverband Gastro Zürich, sagt: «Wir stellen fest, dass die Gäste nach Corona anspruchsvoller und fordernder sind und vieles als selbstverständlich erachten.»

Ähnlich lautet der Befund von Urs Schindler, Präsident von Gastro Solothurn: «Die Gäste haben oder nehmen sich immer weniger Zeit. Solche Menschen vergreifen sich dann schon öfters im Ton.»

Dies reiche von ständigem Nachfragen bis hin zu Beleidigungen der Mitarbeiter.

«Aggressiver Ton»

Schindler, der seit über 30 Jahren das Restaurant Schlosshof in Dornach führt, schildert folgende Situation:

Es ist Hochsaison, die Terrasse ist voll. Bei dieser Auslastung sei es nicht möglich, auch noch auf zahlreiche Änderungswünsche zum Menü in der Speisekarte einzugehen.

Trotz eingängiger Erklärung hätten einige Gäste keinerlei Verständnis gezeigt, so der Wirt. «Sie begannen, in einem aggressiven Ton mit unserem Mitarbeiter zu sprechen.»

Die Diskussion gipfelte in Beleidigungen gegen Kellner, Küchentruppe und Restaurant als Ganzes. Glücklicherweise seien derartige Vorfälle in seinem Betrieb eher die Ausnahme, sagt Schindler.

Ein ebenfalls verbreitetes Ärgernis sind No-Shows: «Das grösste Problem ist zur Zeit, dass die Gäste reservieren und dann nicht kommen. Oder weniger Personen oder zu einer anderen Zeit», sagt Bruno Lustenberger, Präsident von Gastro Aargau.

Urs Pfäffli berichtet ausserdem von Gästen, die steif und fest behaupten, reserviert zu haben und fordernd auf einen Tisch beharren.

«Wenn wir ihnen dann beweisen können, dass sie nicht reserviert haben, entschuldigen sie sich nicht einmal.»

Kellner müssen Gäste-Umgang in Rollenspielen üben

Die Zunahme an schwierigen Gästen im Arbeitsalltag führt dazu, dass diese auch vermehrt in Seminaren und betrieblichen Trainings thematisiert werden.

Zita Langenstein von Gastrosuisse leitet solche Weiterbildungen für das Gastgewerbe. In diesen gehe es hauptsächlich um Alltagsbeispiele. «Das grosse Volumen von fordernden Situationen sind Reklamationen», sagt sie.

Die ausgebildete Butlerin macht folgendes Beispiel: Der Gast erhält das falsche Dressing zu seinem Salat.

Hast du dich im Restaurant schon einmal beschwert?

Weist er die Bedienung freundlich und respektvoll auf den Fehler hin, laute deren angemessene Reaktion: «Danke, dass Sie das gleich sagen. Selbstverständlich wechseln wir den Salat aus.»

Wird der Ton scharf oder genervt, lernen die Kursteilnehmenden, wie sie trotzdem sachlich bleiben. «Um den Fall so schnell wie möglich zu lösen», so Langenstein.

Dabei werden auch konkrete Wordings geübt wie: «Ich nehme das so entgegen», «Ich leite das gerne weiter», oder: «In diesem spezifischen Fall hole ich meinen Vorgesetzten. Er wird sich um Ihr Anliegen kümmern.»

Wichtig sei, dass solche Sätze authentisch und nicht auswendig gelernt klingen. Langensteins Methode der Wahl sind hierfür Rollenspiele – diese seien zwar «nicht beliebt, aber das einzig Nützliche».

Ein Training allein «hilft nicht»

Dass rüpelhafte Gäste zunehmen, sieht Langenstein im allgemeinen gesellschaftlichen Wandel begründet: «Der Kunde möchte vermehrt seine Erwartungen, auch nicht erfüllte Erwartungen, kommunizieren.»

Das spürten nicht nur Restaurants, sondern auch Spitäler, Versicherungen oder der Detailhandel.

Ob die Trainings nachhaltig wirken, hänge entscheidend davon ab, ob sie regelmässig stattfinden. «Ein Training hilft nicht und ist höchstens eine nette Geste», sagt Langenstein.

«Kundensituationen zu besprechen, Verhaltensweisen zu überlegen und zu trainieren, und zwar immer wieder, ist die nachhaltigste Massnahme überhaupt.»

Kommentare

User #4826 (nicht angemeldet)

Wann immer irgendwo von der Ungezogenheit der Leute die Rede ist, kommt „Corona“ aufs Tapet - als wäre das eine Entschuldigung für schlechtes Benehmen: Wir mussten vor 5 Jahren durch die Pandemie, es war wahnsinnig schlimm, wir waren wahnsinnig Arme, daher dürfen wir uns nun schon ein bisschen schlecht benehmen … Nein, einfach ohne Corona: Zu viele benehmen sich zu manierenlos, zu rücksichtslos, und sie verdienen keine Corona-Entlastung. Im Falle eines Restaurants: Rausstellen! Andernorts analog!

User #4333 (nicht angemeldet)

Ich gehe davon aus, dass die hohen Preise auch auf die hohen Mieten zurückzuführen sind, und meiner Meinung nach sollten öffentliche Einrichtungen die monatliche Miete, die sie zahlen müssen, veröffentlichen, zum einen, um die Kunden zu sensibilisieren, und zum anderen, um bekannt zu machen, wie viel sie monatlich die Eigentümer der Immobilie einstecken.

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