Aus der Forderung von 36 Franken werden innert eines Monats fast 100 Franken mehr. Experten schütteln den Kopf, Gläubiger FedEx lässt die Kritik nicht gelten.
FedEx Inkasso Kundin
Das Inkasso-Büro von FedEx greift rigoros durch. (Symbolbild) - Pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Nau.ch-Leserin übersah wegen eines Umzugs zwei Zahlungserinnerungen.
  • Innerhalb eines Monats wurden aus der Grundforderung von 36 Franken fast 100 Franken mehr.
  • Experten sind empört: Das Vorgehen sei unmoralisch, doch legal.
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Nau.ch-Leserin Kim P.* bestellt sich online Schmuck. Wegen eines Umzugs übersieht sie zwei Zahlungserinnerungen des Versandservices FedEx. In nur einem Monat werden damit aus der Grundforderung von 36.60 Franken satte 123.10 Franken!

Grund sind insbesondere Inkassogebühren (33 Franken) und Bearbeitungsgebühren (47 Franken).

Kim P. schüttelt den Kopf: «Das konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen und hat mich sehr belastet.» Doch hat sie Glück im Unglück und konnte den geforderten Grundbetrag knapp innerhalb der Zahlungsfrist begleichen.

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Dennoch: Gedroht wurde bei Nichtbezahlung nicht nur mit einem Betreibungsverfahren, sondern auch mit einer Meldung an die Wirtschaftsauskunftsfirma CRIF AG.

Diese würde alle Daten an die «Datenbank der schlecht Zahlenden» weiterleiten. «Möchten Sie dieses Risiko wirklich eingehen?», heisst es in dem Inkasso-Schreiben bedrohlich.

«‹Datenbank der schlecht Zahlenden?› – Das hat mich besonders mitgenommen», so Kim P., die ihre Rechnungen sonst immer fristgerecht zahle. Sie fragt sich: «Ist so etwas überhaupt erlaubt?»

Inkasso von FedEx «ist unmoralisch und schäbig»

«Dieses Vorgehen ist wohl rechtens», ordnet Konsumpsychologe Christian Fichter ein. «Aber ist es auch richtig?» Er stellt klar: Das Schreiben des Inkassobüros grenze an Nötigung. «Es macht auf psychologisch fiese Art und Weise Druck und enthält unverhohlene Drohungen.»

«Leider» sei diese Art von Drangsalierung in der Schweiz immer noch «erlaubt und gängig». Zwar sei Fichter «sehr dafür, dass Schuldner Schulden innerhalb der Zahlungsfrist begleichen.»

Fedex Kurier Auto
Wegen eines Umzugs übersah eine FedEx-Kundin zwei Zahlungserinnerungen.
Franken Noten
Innerhalb nur eines Monats wurde das Inkassobüro eingeschaltet.
Rechner Tastatur
Aus der Grundforderung von 36.60 Franken wurden damit satte 123.10 Franken.
Bundeshaus in Bern
Laut Experten ist diese Vorgehensweise leider erlaubt – zudem sehe der Bundesrat keinen Handlungsbedarf.

Doch sei er «dagegen, dass sie von Inkassobüros mit solch schäbigen Methoden drangsaliert werden.» Schweizer hätten ohnehin bereits eine überdurchschnittlich hohe Zahlungsmoral. «Dass sie immer wieder von Inkassobüros gedemütigt werden, ist unmoralisch», findet Fichter.

Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf

Auch dem Konsumentenschutz ist das Problem bekannt. Daniela Mauchle, Spezialistin für Recht, erklärt: «Inkasso-Unternehmen verrechnen ungerechtfertigte, überhöhte Gebühren und wenden fragwürdige und aggressive Praktiken an.» Unzählige Menschen würden sich darum Jahr für Jahr beim Konsumentenschutz melden.

Bedauerlicherweise sehe die Politik, insbesondere der Bundesrat, keinen Handlungsbedarf, den Inkasso-Unternehmen auf gesetzlicher Ebene Grenzen zu setzen.

Auf Anfrage von Nau.ch lässt FedEx die Kritik nicht gelten, geht mit keinem Wort auf die Vorwürfe von Konsumentenschutz und Konsumpsychologe ein. Das Unternehmen verweist lediglich darauf, dass die «Einschaltung eines Inkassobüros durch unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgedeckt ist.»

*Name geändert

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