Fall Schaffhausen: Prügel-Opfer pocht auf «Ermittlungsfehler»
Das Wichtigste in Kürze
- In Schaffhausen wurde 2021 eine Frau mutmasslich vergewaltigt und später verprügelt.
- Sie wirft den Behörden vor, zu lasch gegen die mutmasslichen Täter vorzugehen.
- Nun entlastet ein Gutachten die Polizei.
- Der Anwalt der Frau sagt nun, das Gutachten entlaste die Behörden zu Unrecht.
Der Schaffhauser Regierungsrat sieht kein relevantes Fehlverhalten der Schaffhauser Polizei. Dies im Fall einer 43-jährigen Frau Fabienne W., die von mehreren Männern verprügelt wurde. Die Regierung stützt sich dabei auf die Ergebnisse eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens.
Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die Schaffhauser Polizei «sehr schnell und professionell ihre Arbeit aufgenommen». Das Opfer sei ernst genommen worden, teilte der Schaffhauser Regierungsrat am Freitag mit.
Um was geht es?
TV-Beitrag stellte Vorgehen der Polizei infrage
In der SRF-Sendung «Rundschau» vom 22. Mai 2024 wurden Videoaufnahmen einer Gewalttat von vier Männern gegen eine Frau in einer Wohnung in Schaffhausen gezeigt.
Die Berichterstattung stellte die korrekte Aufklärung der Prügelattacke infrage. Das rief Misstrauen gegenüber dem Vorgehen und dem Verhalten der Schaffhauser Polizei hervor.
Die Bilder lösten eine breite Diskussion aus: «Diese Bilder waren und sind verstörend. Gewalt ist nicht zu tolerieren und konsequent zu ahnden», heisst es in der Mitteilung.
Der Vorwurf, dass Tatbeteiligte bevorzugt behandelt worden seien, konnte durch das Gutachten jedoch widerlegt werden: «Den Vorwurf, dass Tatbeteiligte bevorzugt behandelt worden seien, entkräftet das Gutachten».
Nur bei einer Hausdurchsuchung über ein Jahr nach dem Vorfall zur Sicherstellung von Mobiltelefonen wurden zwei geringfügige Mängel festgestellt.
Unabhängige Untersuchung
Um die Vorwürfe zu klären, beauftragte Regierungsrätin Cornelia Stamm Hurter Andreas Donatsch mit einer unabhängigen externen Untersuchung des Falls.
Als anerkannter Experte im Bereich des Schweizer Polizei- und Strafprozessrechts nahm er gründlich Einsicht in die Akten der Schaffhauser Polizei. Er erstellte ein Gutachten zur Vorgehensweise der Beamten.
Prügel-Opfer pocht auf «massive Ermittlungsfehler»
Inzwischen hat sich auch der Anwalt von Fabienne W., Philip Stolkin, zu Wort geäussert. Das Gutachten entlaste die Schaffhauser Behörden zu Unrecht, heisst es in einer Mitteilung. Man gehe weiterhin von «massiven Ermittlungsfehlern der Schaffhauser Polizei und Staatsanwaltschaft» aus.
Stolkin kritisiert: «Die Polizei liess sich vom Anwalt gleichsam diktieren, was zu beschlagnahmen ist und was nicht. Und welche Räume zu betreten waren.» Das sei «absolut unüblich» und sei vom Gutachter übersehen worden.
Weiter heisst es: «Offenbar hatte sich die Polizei auch gegenüber dem Anwalt negativ über F.W. geäussert und so möglicherweise das Amtsgeheimnis gebrochen.» Die Opferrechte seien nicht sorgfältig erklärt worden.
Das Gutachten sei unvollständig. «Offensichtlich ging es beim Gutachten letztlich lediglich darum, einen Persilschein in Wahlkampfzeiten zu bekommen.»