Diskriminierung? Transmann muss in Frauen- oder Behindertenumkleide

Belinda Schwenter
Belinda Schwenter

Bern,

Der deutsche Transmann Max Appenroth fühlt sich diskriminiert, denn in einem Fitnessstudio muss er in die Frauenumkleide. In der Schweiz sieht es gleich aus.

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Max Appenroth erzählt, dass er in einem britischen Gym in die Frauenumkleide muss. - Instagram / @maxappenroth

Das Wichtigste in Kürze

  • In Grossbritannien müssten Gym-Besuchende in die Umkleide ihres biologischen Geschlechts.
  • Dies sieht der deutsche Transmann Max Appenroth als Diskriminierung.
  • Die Schweizer Gym-Kette Activ Fitness bietet Transpersonen die Behinderten-Anlagen an.
  • Chris-Nadia Brönimann sieht dies keinesfalls als Diskriminierung.

Es ist eine heikle und viel diskutierte Thematik: Welche Toiletten dürfen von Transpersonen benutzt werden? Und wo dürfen sie sich umziehen?

Der deutsche Influencer Max Appenroth betrifft dies selbst. Der Transmann wurde als Mädchen geboren, fühlte sich aber schon früh im falschen Körper. Bereits vor fast 14 Jahren startete Max dann mit der Einnahme von Testosteron.

Und dies bereut Max ganz und gar nicht: «Es war der Beginn der besten körperlichen Reise, die ich je unternommen habe!», schreibt er in einem Instagram-Post vor einem Jahr.

Weiter kommentierte der Transmann: «Heute bin ich dankbar für die Fortschritte, die in Bezug auf die Rechte von Transgender-Personen erzielt wurden. Es gibt jedoch noch viel zu tun.»

Transmann: «Ich muss mich in Frauenumkleide umziehen»

Und auch ein Jahr später ist das Ziel für ihn noch nicht erreicht. In einem Video erzählt er seinen Instagram-Followern: «Ich muss mich in der Frauenumkleide umziehen.» Dies betreffe zumindest eine Fitnesscenter-Kette in Grossbritannien.

In den Geschäftsregeln steht nämlich, dass Besuchende die Garderobe nach ihrem biologischen Geschlecht wählen müssen. Und das bedeutet: Mit den Geschlechtsmerkmalen, mit denen man geboren wurde.

Virginactive
In ihren Regeln schreibt Virginactive, dass die Garderobennutzung nach dem biologischen Geschlecht erfolge. - Screenshot / www.virginactive.co.uk

Er fügt hinzu: «Und ich möchte nicht wissen, was jetzt los wäre, wenn ich in die Frauenumkleide spazieren würde.»

Kurios daran: Erst im Jahr 2023 wurde Appenroth von dieser Kette in die Zentrale eingeladen. Dies, um dort eine Fortbildung zum Thema Inklusion von Transmenschen zu führen.

Mitbenutzung der Behinderten-Anlagen

Wie sieht dies in Schweizer Gyms aus? Nau.ch hat bei verschiedenen Schweizer Fitnesscenter-Ketten nachgefragt. Äussern will man sich zu diesem heiklen Thema offenbar nicht.

Einzig Activ Fitness, Teil der movemi AG, teilt auf Anfrage mit, wie dies bei ihnen geregelt wird. Die movemi AG schreibt: «In unseren Anlagen gilt die Orientierung am biologischen Geschlecht.»

Im Konfliktfall werde der Geschlechtseintrag gemäss Ausweis erfragt. Und weiter: «Sollten trotz der Eintragung Unklarheiten bezüglich des Geschlechts bestehen bleiben, gelten die primären Geschlechtsmerkmale als ausschlaggebend.»

Es gibt aber auch eine Alternative: die Umkleide für Menschen mit Beeinträchtigung. Die Kette bietet Menschen, die sich weder in der Männer- noch in der Frauengarderobe wohlfühlen, an: «Seit letztem Jahr bieten wir ihnen die Anlagen, die früher ausschliesslich für mobilitätseingeschränkte Menschen vorgesehen war, zur Mitbenützung an.»

Hast du einen Transmenschen in deinem Umfeld?

Anstelle der regulären Frauen- oder Männerumkleiden sollen Transmenschen also die Behinderten-Umkleide nutzen. Sehen dies Betroffene nicht als Diskriminierung?

«Die Regelung ist keineswegs diskriminierend»

Chris-Nadia Brönimann widerspricht und sagt auf Nau.ch-Anfrage: «Die beschriebene Regelung ist keineswegs diskriminierend.» Sie erachte sie viel mehr als sehr ausgewogen und differenziert.

Brönimann ist eine der bekanntesten Transfrauen der Schweiz. Nach ihrer Geschlechtsanpassung vor 27 Jahren plant sie jedoch eine Detransition. Sie will ihre Geschlechtsanpassung also rückgängig machen.

Nadia Broenimann trans bereuen
Chris-Nadia Brönimann liess vor 27 Jahren eine geschlechtsangleichende Operation durchführen. Diese bereut sie mittlerweile. - Instagram / @nbroenimann

Es sei entscheidend, den Schutzraum für Frauen zu erhalten, so Brönimann. «Es wäre fatal für alle Beteiligten, diesen wichtigen Aspekt einfach auszublenden. Ein männliches Geschlechtsteil hat in diesen Räumen keinen Platz und kann schnell als übergriffig empfunden werden.»

Es sei den Betroffenen zuzumuten, sich in der Zeit der Transition – also im «Dazwischen» – zurückhaltend zu verhalten. Denn die Diskussion sei meistens nur bei Personen während des Transitions-Prozesses relevant. Es sei dann an ihnen, nach alternativen Räumen, wie beispielsweise eine Behindertentoilette, zu fragen.

«Die Übernahme dieser Verantwortung gehört zum Transitions-Prozess dazu. Es ist unangemessen, stattdessen eine Opferhaltung einzunehmen und die eigene Verantwortung auf andere abzuwälzen», so Brönimann.

Trittbrettfahrer missbrauchen diese Situation

Chris-Nadia Brönimann warnt jedoch auch: «Leider missbrauchen inzwischen auch sogenannte ‹Trittbrettfahrer› diese Situation zur Triebbefriedigung.» Gerade dieser Missbrauch belege die Notwendigkeit und den Wert der bewährten Regelungen für geschlechtsspezifische Schutzräume.

Weiter: «Diese existieren schon lange und wurden in der Vergangenheit auch von Transmenschen nie grundsätzlich infrage gestellt.» Erst jetzt, im Zuge der aufgeheizten Polarisierungen, sei dieses Thema zu einem unschönen Politikum geworden.

Der Appell von Bönimann ist klar: «Diskretes Verhalten zahlt sich aus – für ein Miteinander in Toleranz und Akzeptanz, zum Wohle aller.»

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