Die Schweiz will ihren Atommüll unmittelbar an der deutschen Grenze in Nördlich Lägern vergraben. In Baden-Württemberg verlangt man «angemessene Kompensation».
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat entschieden, ein geologisches Tiefenlager im Gebiet Nördlich Lägern im Stadeler Haberstal im Kanton Zürich und Aargau zu errichten - wenige Kilometer südlich der baden-württembergischen Gemeinde Hohentengen.
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat entschieden, ein geologisches Tiefenlager im Gebiet Nördlich Lägern im Stadeler Haberstal im Kanton Zürich und Aargau zu errichten - wenige Kilometer südlich der baden-württembergischen Gemeinde Hohentengen. - Michael Buholzer/KEYSTONE/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz will ihren radioaktiven Abfall in Nördlich Lägern bei Stadel ZH vergraben.
  • Weil der Ort in unmittelbarer Grenznähe liegt, haben deutsche Gemeinden gar keine Freude.
  • Sie hinterfragen den Entscheid und fordern «angemessene Kompensationszahlungen».

Am Wochenende entschied die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) über den Standort des Atommüll-Endlagers. Die Wahl fiel auf das Gebiet Nördlich Lägern auf dem Gemeindegebiet von Stadel ZH.

Der Atomabfall soll in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze gelagert werden. Im grossen Kanton ist man kritisch – und äussert Forderungen. Denn: Jetzt gehts ums Geld!

Deutsche Grenzgemeinden wollen Geld sehen

«Bei der Aushandlung von Kompensationszahlungen wollen wir angemessen beteiligt werden, sowohl bei den Verhandlungen als auch im Ergebnis.» Das sagt Martin Steinebrunner von der deutschen Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST) beim Regionalverband Hochrhein-Bodensee zu der «DPA».

Und weiter: «Manche deutschen Gemeinden liegen näher am Lager als Schweizer Gemeinden, die berücksichtigt werden sollen.»

radioaktiver abfall
Radioaktiver Abfall soll in Zukunft hier in Stadel ZH gelagert werden.
Bülach
Blick auf Tiefbohrungen am Standort Nördlich Lägern bei Bülach (Aufnahme vom 12. April 2019)-
Atom
Der Entscheid, das Lager in Nördlich Lägern zu bauen, kommt bei den Anwohnern nicht gut an. Hier protestieren sie am 12. September dagegen.
nördlich lägern
Hier wird ab 2050 radioaktiver Abfall entsorgt: Der Platz der Nagra-Tiefenbohrung in Stadel ZH. (Archivbild)
Blick auf Arbeiten der Tiefbohrungen am Standortgebiet Nördlich Lägern für das Tiefenlager der Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle. (Archivbild)

Eine dieser Gemeinden ist Hohentengen am Hochrhein im Bundesland Baden-Württemberg, welches nur rund zwei Kilometer vom geplanten Endlager entfernt liegt. Bürgermeister Martin Benz hat angekündigt, den Schweizer Entscheidungsträgern «sehr genau auf den Zahn zu fühlen». Man müsse den Entscheid für Nördlich Lägern schon «sehr gut begründen können».

«Der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor radioaktiver Strahlung muss gewährleistet sein. Insbesondere aber auch der Grundwasserschutz», sagt auch die baden-württembergische Landesumweltministerin Thekla Walker im «Spiegel».

Karte Nagra Standort
In der Region Nördlich Lägern im Kanton Zürich soll schweizerischer Atommüll unterirdisch gelagert werden. - Nagra

Die deutsche Bevölkerung leiste einen grossen Beitrag zur Endlagerung von Schweizer Atommüll. «Dies muss sich aus unserer Sicht zwingend adäquat bei den anstehenden Abgeltungsverhandlungen niederschlagen.»

Schweiz sucht seit 50 Jahren nach Atommüll-Endlager

Die Suche nach einem Standort für die Lagerung radioaktiver Abfälle läuft in der Schweiz schon seit fast 50 Jahren. Das Verfahren wird vom Bundesamt für Energie (BFE) geleitet. Die Wahl von Nördlich Lägern ist insofern überraschend, als dass der Standort zwischenzeitlich eigentlich als ungeeignet eingestuft wurde. Und aus dem Rennen fiel.

Würden Sie radioaktiven Abfall in der Nähe Ihres Wohnortes akzeptieren?

Insbesondere die geologischen Untersuchungen in Etappe 3 der Standortsuche würden aber für Nördlich Lägern sprechen. Das erklärte die Nagra am Montag vor den Medien.

Bis das Lager gebaut wird, könnte es indes noch lange dauern: Die Rahmenbewilligungsgesuche werden erst 2024 eingereicht, eine Prüfung wäre wohl erst Ende der 2020er Jahre abgeschlossen.

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