In Morges VD verletzte ein selbsternannter IS-Attentäter 2020 einen Portugiesen tödlich. Dafür muss er 20 Jahre lang ins Gefängnis.
Blick auf das Bundesstrafgericht in Bellinzona in der Schweiz. Foto: Samuel Golay/KEYSTONE/Ti-Press/dpa
Blick auf das Bundesstrafgericht in Bellinzona in der Schweiz. Foto: Samuel Golay/KEYSTONE/Ti-Press/dpa - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Im September 2020 verletzte ein Mann in Morges VD einen jungen Portugiesen tödlich.
  • Jetzt wurde der selbsternannte IS-Attentäter zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Der selbsternannte IS-Attentäter von Morges VD ist am Dienstag vom Bundesstrafgericht zu einer Haftstrafe von 20 Jahren verurteilt worden. Der Mann hatte im September 2020 in einem Kebab-Laden auf einen jungen Portugiesen (†29) eingestochen und diesen dabei tödlich verletzt. Das Opfer soll demnach zufällig ausgesucht worden sein.

Während des Angriffs soll er «Allahu akbar» gerufen haben. Ein Freund des Opfers erlitt durch den Angriff einen schweren Schock.

Der Angeklagte wurde vom Bundesstrafgericht in Bellinzona des Mordes, der Körperverletzung, der versuchten Brandstiftung und Explosion, der Bedrohung, der Propaganda für den Islamischen Staat (IS) und des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz für schuldig befunden.

Therapeutische Massnahmen

In Bezug auf einige der Propagandataten wurde er freigesprochen. Die Dauer der Untersuchungshaft – 1307 Tage – wird von der Strafe von 20 Jahren abgezogen. Die Gefängnisstrafe ist mit einer institutionellen therapeutischen Massnahme in einer geschlossenen Einrichtung verbunden.

Die Bundesanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren für Mord und eine Verwahrung gefordert. Die Verteidigerin des Angeklagten ging ebenfalls von einem Mord aus. Sie lehnte jedoch die von der Bundesanwaltschaft geforderte Verwahrung ab und forderte eine Strafe «mit einem Ende», damit ihr Mandant eine Perspektive habe.

Prozess
Der Angeklagte, 2. v. links, im Prozess um die tödliche Messerattacke in Morges VD vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona. - sda - KEYSTONE/Linda Graedel

Psychiatrische Sachverständige waren zu dem Schluss gekommen, dass der 29-jährige Angeklagte aufgrund einer einfachen Schizophrenie mittelgradig vermindert schuldfähig sei. Sie äusserten sich zurückhaltend zu den Chancen einer stationären therapeutischen Behandlung oder der Zweckmässigkeit einer regulären Verwahrung.

Der Angeklagte selber hatte während der dreitägigen Hauptverhandlung verwirrende und widersprüchliche Aussagen gemacht und seine Taten mit seiner Faszination für die Terrormiliz Islamischer Staat erklärt.

Lebenslängliche Freiheitsstrafe möglich gewesen

Das Bundesstrafgericht hätte laut eigenen Aussagen in Anbetracht der Schwere der Tat für den Attentäter von Morges VD auch eine lebenslängliche Freiheitsstrafe aussprechen können. Wegen der verminderten Schuldfähigkeit sah es allerdings davon ab. Zudem ermahnte der Vorsitzende den Mann.

Der Vorsitzende der Strafkammer betonte am Dienstag die extreme Schwere der Taten. «Die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe wäre möglich gewesen», sagte er, «aber die von den psychiatrischen Sachverständigen attestierte mittelgradig verminderte Schuldfähigkeit musste berücksichtigt werden.»

Angesichts der möglichen Verbesserung des psychischen Zustands des Angeklagten verhängte das Gericht eine stationäre therapeutische Massnahme.

Der Vorsitzende beendete die Urteilsverkündung mit einer Ermahnung an den Angeklagten: «Nutzen sie die Zeit, die sie im Gefängnis verbringen werden, um sich selbst zu heilen und Erkenntnisse zu gewinnen, die für sie, ihre Angehörigen und die Gesellschaft von Nutzen sind.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

BundesanwaltschaftIslamischer StaatSchizophrenieExplosionGerichtStrafeStaatMordHaft