Ärztin plädiert für Meldepflicht von Verletzungen durch Gummischrot

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Bern,

Augenverletzungen durch Gummischrot sind offenbar ein Tabu. So ist bei Nachforschungen von Augenärzten kaum ein Fall aufgedeckt worden, obwohl es solche Fälle zweifellos gegeben hat.

Der Einsatz von Gummischrot gegen Demonstranten kommt auch in der Schweiz immer wieder vor. Dadurch entstehende Augenverletzungen scheinen jedoch ein Tabu zu sein. (Archivbild)
Der Einsatz von Gummischrot gegen Demonstranten kommt auch in der Schweiz immer wieder vor. Dadurch entstehende Augenverletzungen scheinen jedoch ein Tabu zu sein. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/MICHEL CANONICA

Das Wichtigste in Kürze

  • In einem Brief in der «Schweizerischen Ärztezeitung» vom Mittwoch hat sich die Zürcher Augenärztin Anna Fierz für eine Enttabuisierung ausgesprochen und für eine Meldepflicht für schwere Augenverletzungen durch Gummischrot plädiert.

Augenverletzungen durch Gummischrot führten in der Schweiz immer wieder zu Schlagzeilen. Das hierzulande verwendete Gummischrot weise eine beträchtliche Streuung auf, weshalb es nicht möglich sei, Augenverletzungen zuverlässig zu vermeiden.

Zürcher Augenärzte wüssten das seit den 80-er Unruhen, wo es zu mehreren verletzungsbedingten Erblindungen eines Auges gekommen sei. Sie seien aber nie an die Öffentlichkeit gelangt, nicht einmal in Form einer medizinischen Publikation.

Betroffenen habe der Verlust von Ruf und Stelle gedroht, und die damals massgeblichen Autoritäten in der Schweizer Augenheilpunkte hätten sich engagierten Praktikern gegenüber explizit gegen eine Veröffentlichung ausgesprochen. Seither sei es etwas ruhiger geworden, aber alle paar Jahre seien Berichte über schwerste Augenverletzungen in den Medien aufgetaucht. Die Dunkelziffer sei unbekannt.

Die Arbeitsgemeinschaft Prävention der Swiss Acadmy of Ophthalmology habe sämtlichen 34 ophthalmologischen Weiterbildungskliniken der Kategorien A bis C angeschrieben und nach solchen Fällen aus den letzten zehn Jahren gefragt. Geantwortet habe etwa ein Drittel. Das Ergebnis sei gleich null gewesen, selbst aus grossen Zentrumskliniken von Städten, wo über entsprechende Verletzungen berichtet worden sei. Trotz Abklärungen bei Ethikkommissionen und Datenschutz und auch nicht via eine Menschenrechtsorganisation mit Kontakten zu Betroffenen.

Immerhin habe der Sprecher der von «augenauf» berichtet, die wenigsten Verletzten würden sich outen, da es sich vorwiegend um Leute aus dem Schwarzen Block oder um «erlebnisorientierte» Fussballfans handle. Nach ihrem Wissen gebe es ungefähr einen Fall pro Jahr.

«Leider scheinen sich in dieser Frage alle Beteiligten gegenseitig zu misstrauen», schreibt die Augenärztin. Im Hinblick auf die Tabus ums Thema plädiert sie für eine Meldepflicht für schwere Augenverletzungen durch Gummischrot. «Anders lässt sich die Frage nicht vernünftig erörtern, inwiefern eine Waffe zur Crowd Control taugt, mit deren - wohlgemerkt vorschriftsgemässem und legalen - Einsatz man traumatische Bulbusverluste billigend in Kauf nimmt.»

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