Forschende der ETH Zürich haben das Erbgut eines Bakteriums komplett am Computer erzeugt und synthetisiert.
Genom ETH
Das Genom in einem Mikrogefäss. - ETH Zürich/Jonathan Venetz
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Das Wichtigste in Kürze

  • Forscher der ETH Zürich könnten die Biotechnologie umkrempeln.
  • Dazu wollen sie aber erst noch einen Organismus herstellen.

Anders als bei früheren Experimenten dieser Art handelt es sich nicht um eine künstlich erzeugte Kopie des Erbguts eines lebenden Bakteriums, sondern um eine optimierte Version.

Noch existiert «Caulobacter crescentus -2.0» nur als grosses Erbgutmolekül, nicht als Organismus. Doch die Herstellung dieses komplett künstlichen Bakterienerbguts könnte die Biotechnologie umkrempeln, schreibt die ETH Zürich am Montag in einer Mitteilung.

Vorbild für «C. crescentus-2.0» ist das natürlich vorkommende, ungefährliche Bakterium Caulobacter crescentus, das sich in Gewässern wie im Zürichsee findet. Sein Genom umfasst rund 4000 Gene, von denen aber nur rund 680 überlebenswichtig sind. Dieses sogenannte «Minimalgenom» haben Forschende um die Brüder Matthias und Beat Christen von der ETH Zürich am Computer umgeschrieben, in Teilstücken synthetisiert und nach Funktionstests zusammengebaut. Davon berichten sie im Fachblatt «PNAS».

Schneller und kostengünstiger

Vor elf Jahren präsentierte der US-Genetikpionier Craig Venter bereits ein chemisch synthetisiertes Bakteriengenom. Damals arbeiteten 20 Forschende zehn Jahre lang, schrieb die ETH.

Die Kosten betrugen angeblich 40 Millionen Dollar. «C. crescentus-2.0» hingegen kostete eine kleinere Gruppe Forschender nur rund ein Jahr Zeit und die Herstellungskosten beliefen sich auf 120'000 Franken. Dank eines Algorithmus, der half, die Synthese stark zu vereinfachen.

Die Schwierigkeit der Herstellung grosser DNA-Stücke, wie sie für den Zusammenbau eines künstlichen Bakteriengenoms nötig sind, beschreibt Matthias Christen so: «DNA-Moleküle haben nicht nur die Fähigkeit, sich an andere DNA-Moleküle zu heften, sie können je nach Bausteinabfolge auch Schlaufen und Knäuel mit sich selbst bilden, was die Herstellung erschweren oder verunmöglichen kann.»

Deshalb nutzten die ETH-Forschenden einen eigens entwickelten Algorithmus, um die Erbgutsequenz des Minimalgenoms umzuschreiben und zu vereinfachen. Der genetische Code enthält nämlich einen gewissen Spielraum: Die DNA-Bausteinabfolge definiert die Abfolge der Proteinbausteine (Aminosäuren).

Protein-Ebene änderte Genom nicht

Aber für viele Aminosäuren gibt es mehrere mögliche DNA-Bausteinabfolgen. Der Algorithmus suchte die für die Synthese optimale DNA-Sequenz, ohne dabei die Abfolge der dadurch definierten Aminosäuren zu verändern. Auf Protein-Ebene änderte das Umschreiben des Genoms somit nichts.

Anders als beim Projekt von Craig Venter, bei dem die Forschenden das Bakterienerbgut eins zu eins nachbauten, entsprechen beim «C. crescentus-2.0» mehr als ein Sechstel aller 800'000 DNA-Bausteine nicht mehr dem «natürlichen» Vorbild.

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ETH Zürich