Nach dem Sri-Lanka-Skandal lässt der Bund die Adoptionsverfahren weiterer Länder untersuchen – darunter Südkorea, aus dem über 1000 Kinder adoptiert wurden.
Adoption
Das Bild eines Babys, das zur Adoption freigegeben wurde, liegt in einem Umschlag im Stadtarchiv von Bern. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In den 1970er- bis 1980er-Jahren wurden Hunderte Kinder illegal aus Sri Lanka adoptiert.
  • Wie Nau.ch exklusiv erfahren hat, lässt der Bund nun zehn weitere Länder untersuchen.
  • Darunter ist Südkorea, aus dem insgesamt über 1000 Kinder in die Schweiz gebracht wurden.

Die Schweizer Behörden haben systematisch weggesehen, als fast 900 Kinder aus Sri Lanka grösstenteils illegal in die Schweiz adoptiert wurden. Zu diesem Schluss ist vor zwei Jahren eine Untersuchung von Adoptionsverfahren gekommen.

Doch es waren wohl nicht nur Kinder aus Sri Lanka betroffen. Inzwischen hat der Bund auch eine Untersuchung für zehn weitere Länder angeordnet, wie Nau.ch exklusiv erfahren hat.

Sie wurde von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW durchgeführt, wie diese auf Anfrage erklärt. Die Studie ist bereits abgeschlossen, wurde vom Bundesamt für Justiz aber noch nicht publiziert.

Möglicherweise Hunderte weitere Kinder betroffen

Eines der Länder, für die der Bund eine Untersuchung angeordnet hat, ist Südkorea. Stellt sich heraus, dass die Schweizer Behörden auch hier systematisch weggeschaut haben, wären die Schicksale von Hunderten weiteren Schweizern betroffen.

Denn: In den 1970er Jahren wurden über 1100 Kinder aus Südkorea in die Schweiz gebracht. Es ist ausserdem nach Tibet der erste Staat, aus dem hierzulande systematisch Kinder adoptiert wurden.

Sri Lanka
Vor rund zwei Jahren zeigte eine Untersuchung, dass fast 900 Kinder aus Sri Lanka in der Schweiz illegal adoptiert wurden.
Adoption
Nun stellt sich heraus: Der Bund hat daraufhin eine Untersuchung von zehn weiteren Ländern in Auftrag gegeben. (Symbolbild)
Schweiz
Die Untersuchung wurde von der ZHAW bereits abgeschlossen, das Bundesamt für Justiz hat sie aber noch nicht veröffentlicht.
Karin Keller-Sutter
Wann das Bundesamt für Justiz den Bericht veröffentlicht, ist noch nicht klar. Abgebildet: EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter.

Wie Historikerin Francesca Falk von der Universität Bern zu Nau.ch sagt, gab es bis zu diesem Zeitpunkt in der Schweiz kaum internationale Adoptionen.

Gefälschte Papiere und Alkoholiker-Adoptiveltern

Klar ist aber schon heute: Zumindest in Einzelfällen haben Behörden und Vermittlungsstellen auch bei den Adoptionsverfahren koreanischer Kinder versagt.

Ein Beispiel ist die Geschichte von Elena*, die 2018 von «Swissinfo» publiziert wurde. Sie wurde aus einem koreanischen Waisenhaus gerettet, wo sie unter schlimmen Bedingungen lebte.

Wussten Sie, dass über 1000 Kinder aus Korea in der Schweiz adoptiert wurden?

Doch auch die Verhältnisse ihrer neuen Familie in der Schweiz waren schwierig. Der Vater und die Schwester landeten später im Gefängnis, die Mutter wurde alkoholkrank. Bis heute kennt sie ihr richtiges Geburtsdatum nicht, ihre biologische Familie hat sie nie gefunden – ihr Dossier wurde manipuliert.

Ihre Geschichte ist nicht die einzige, die Fragen aufwirft. Mehrere Mitglieder von Dongari, einem Verein von aus Südkorea adoptierten Schweizern, sprechen von gefälschten Papieren. Einige wurden den Adoptiveltern als Waisenkinder angegeben, obwohl sie noch lebende Eltern hatten. Andere wurden unter falschem Namen in die Schweiz gebracht.

*Name geändert

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