Trotz zwei Jahren des anhaltenden Konflikts und einer hohen Anzahl an Opfern scheint in der Ukraine kein Ende des Krieges in Sicht zu sein.
Wolodymyr Selenskyj Ukraine Krieg
Bevor die Schalte begann, erklärte Selenskyj entschieden, dass seine Nation sich niemals geschlagen geben werde. (Archivbild) - keystone

In der Ukraine gibt es auch nach zwei Jahren Krieg mit vielen Zehntausend Toten keinerlei Aussicht auf baldigen Frieden. Russland überzog das Nachbarland zum zweiten Jahrestag seines gross angelegten Überfalls am Samstag weiter mit Angriffen.

Ziel war abermals auch die Grossstadt Odessa am Schwarzen Meer, wo nach ukrainischen Angaben ein Mann durch eine Drohne getötet und mehrere Menschen verletzt wurden. Die Ukraine setzte auf russischem Gebiet ebenfalls Drohnen ein. Eines der Ziele war Russlands grösstes Stahlwerk in der Stadt Lipezk, 400 Kilometer südöstlich von Moskau.

Die Gruppe sieben grosser demokratischer Industrienationen (G7) machte mit einer Videoschalte ihrer Staats- und Regierungschefs deutlich, das angegriffene Land weiterhin unterstützen zu wollen – auch aus eigenen Interesse. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mahnte in einer Videobotschaft: «Zusammen mit unseren Verbündeten müssen wir so stark sein, dass niemand es wagt, uns anzugreifen.» In zahlreichen deutschen Städten gab es am Samstag wieder Solidaritätskundgebungen für die Ukraine.

Tausende Zivilisten getötet, Frontlinie erstreckt sich über 1000 Kilometer

Auf Befehl von Präsident Wladimir Putin hatte Russland in der Nacht zum 24. Februar 2022 den grossflächigen Angriff auf den Nachbarn begonnen. Bereits seit 2014 hält es völkerrechtswidrig die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim besetzt.

Nach UN-Schätzungen wurden bislang mindestens 10'000 Zivilisten getötet, darunter Hunderte Kinder. Die Zahl der getöteten Soldaten wird von beiden Seiten streng geheim gehalten. Experten gehen jedoch von vielen Zehntausenden aus – auf russischer Seite nochmals deutlich mehr als in den Reihen der ukrainischen Armee.

Derzeit stehen russische Truppen in einem Fünftel der Ukraine. Die Front verläuft auf etwa 1000 Kilometern. Auch Kiew ist immer wieder Ziel von Angriffen.

Westliche Regierungschefs setzen ein Zeichen der Solidarität

Trotzdem reisten für den G7-Videogipfel mehrere Regierungschefs aus dem Westen persönlich zu Präsident Wolodymyr Selenskyj, um ein Zeichen zu setzen. Die Schalte wurde von der amtierenden G7-Vorsitzenden, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, aus der Sophienkathedrale in Kiew geleitet.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Kanadas Premierminister Justin Trudeau waren persönlich dabei. Scholz nahm aus Berlin teil. Kein ranghoher US-Politiker war nach Kiew gereist.

Selenskyj machte vor Beginn der Schalte deutlich, dass sich sein Land niemals geschlagen geben werde. «Jeder normale Mensch will, dass der Krieg endet. Aber niemand von uns erlaubt, dass unsere Ukraine endet.»

Zweiter Jahrestag gekennzeichnet durch fortgesetzte Kämpfe

Von der Leyen und Meloni würdigten Mut und Verteidigungswillen der ukrainischen Bevölkerung. Die deutsche Kommissionspräsidentin sagte mit Blick auf den Februar 2022, anfangs habe man den Eindruck gehabt, «als ob alles verloren ist und innerhalb weniger Tage fällt».

Aber: «Das tapfere Volk der Ukraine erstaunt die Welt immer wieder.» Nach dem G7-Videogipfel sollte es auch eine gemeinsame Abschlusserklärung geben. Der Gruppe gehören die USA, Kanada, Japan, Grossbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland an.

Die Kämpfe an der Front und die gegenseitigen Angriffe mit Drohnen dauerten auch am zweiten Jahrestag an. In der Hafenstadt Odessa wurde das von einer Drohne getroffene Wohnhaus weitgehend zerstört. Auch Nachbarhäuser wurden beschädigt.

Kriegshandlungen eskalieren weiter

In der russischen Stadt Lipezk stand nach einem Drohnenangriff in der Nacht zum Samstag das Stahlwerk in Flammen. Später versicherte Gouverneur Igor Artamonow, der Brand sei gelöscht.

«Es gibt keine Gefahr des Austretens gefährlicher Stoffe.» Die ukrainischen Streitkräfte greifen in ihrem Verteidigungskampf immer wieder militärische Ziele und die für die Kriegswirtschaft genutzten Industrieanlagen in Russland an.

Zuvor schon hatte das Verteidigungsministerium in Moskau den Abschuss mehrerer Drohnen in verschiedenen Regionen gemeldet, ohne dass sich Kiew dazu äusserte. Die ukrainische Flugabwehr holte nach eigenen Angaben am Freitag über dem russisch kontrollierten Asowschen Meer ein russisches Aufklärungsflugzeug des Typs A-50 vom Himmel.

Eine offizielle Bestätigung von russischer Seite gab es nicht. Die Angaben der beiden Kriegsparteien sind von unabhängiger Seite in vielen Fällen nicht zu überprüfen.

Stoltenberg versichert Beitrittsperspektive

Im Namen der Nato versicherte Generalsekretär Jens Stoltenberg der Ukraine abermals die Unterstützung der westlichen Militärallianz. «Die Ukraine wird der Nato beitreten. Die Frage ist nicht ob, sondern wann», sagte der Norweger in einer Videobotschaft zum Jahrestag.

Putin habe den Krieg begonnen, weil er der Ukraine die Tür zum Bündnis verschliessen wolle. Erreicht habe er genau das Gegenteil. Russland begründet den Überfall unter anderem damit, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine seine Sicherheit bedrohe.

Nach Einschätzung des deutschen Militärexperten Carlo Masala wird der russische Angriffskrieg in der Ukraine noch längere Zeit dauern. «Für das Jahr 2024 sehe ich kein Ende für diesen Krieg, da gibt es nichts, was uns Hoffnung geben könnte», sagte der Professor der Bundeswehr-Universität München der «Augsburger Allgemeinen» (Samstag). «Die Ukraine findet keinen Frieden, weil Russland noch immer glaubt, diesen Krieg gewinnen zu können.»

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