Der Chef der protestantischen Reformierten Kirche Ungarns ist am Freitag wegen der Verwicklung in einen Pädophilie-Skandal zurückgetreten.
Forderungen
Menschen nehmen an einer Demonstration auf dem Heldenplatz in Budapest teil. Die Demonstrierenden fordern einen Wandel in der politischen Kultur des Landes, nachdem Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novak auf Druck von Opposition und Regierung zurückgetreten ist. - dpa

Vergangene Woche hatte wegen der Affäre auch Staatspräsidentin Katalin Novak ihr Amt niedergelegt. Bischof Zoltan Balog wurde vorgeworfen, Novak dabei unterstützt zu haben, einen wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen verurteilten Mann zu begnadigen.

Der Skandal erschüttert Ungarn. Trotz der Rücktritte demonstrierten am Freitagabend örtlichen Medien zufolge zehntausende in der Hauptstadt Budapest. Sie legten eine U-Bahn-Linie teilweise lahm. Die Demonstranten machten die Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban für die Zustände in den Kinderheimen und für den Umgang der Behörden mit Gewaltstraftaten gegen Kinder verantwortlich.

Balog war jahrzehntelang ein enger und einflussreicher politischer Weggefährte Orbans. Von Mai 2012 bis Mai 2018 war er Minister für Humanressourcen, zuständig für Gesundheit, Soziales, Jugend, Bildung, Kultur und Sport. Der Kirche stand er seit 2021 als pastoraler Präsident der Synode vor, zusammen mit einem weltlichen Co-Präsidenten. Zugleich ist er Bischof von einem der vier Kirchenbezirke Ungarns. Dieses Amt behielt er zunächst.

Balog räumte nach Novaks Rücktritt auf Druck der Enthüllungen in Medien ein, dass er als ihr Berater und langjähriger Mentor die umstrittene Begnadigung befürwortet hatte. Daraufhin geriet er massiv in die Kritik – auch in den regierungsnahen Medien des Landes.

Dritte Person des öffentlichen Lebens wegen Skandal zurückgetreten

«Ich habe einen schweren politischen Fehler gemacht, allerdings in einer Begnadigungsfrage. Ich habe um Gnade gebeten», sagte Balog in einer Video-Ansprache, die auf der Homepage der Reformierten Kirche veröffentlicht wurde.

Er begründete seinen Rücktritt damit, dass der Fall dem Ansehen seiner Kirche schade. Die Reformierte Kirche kalvinistischer Ausrichtung ist in Ungarn seit Jahrhunderten ein prägender – zuletzt vor allem konservativer – Faktor in Politik und Kultur.

Balog ist die dritte Person des öffentlichen Lebens, die im Zuge dieses Skandals zurücktritt. Neben Präsidentin Novak hatte auch die für die umstrittene Begnadigung mitverantwortliche damalige Justizministerin Judit Varga alle Ämter niedergelegt: Sie zog ihre Kandidatur für das EU-Parlament zurück und gab ihr Mandat im ungarischen Parlament zurück.

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