Neujahrskonzert: Neue Software geht dem 3/4-Takt auf den Grund

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Bern,

Wiener Forscherteam nutzt digitale Helferlein, um die Notenfolgen und Motive des traditionellen Neujahrskonzerts zu analysieren.

Dirigent Gustavo Dudamel und die Wiener Philharmoniker beim Neujahrskonzert 2017 in Wien. (Archivbild)
Dirigent Gustavo Dudamel und die Wiener Philharmoniker beim Neujahrskonzert 2017 in Wien. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/APA/HERBERT NEUBAUER

Das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird zum Forschungsobjekt: Mithilfe von digitalen Helferlein eines Wiener Forscherteams sollen die Notenfolgen und Motive nun einfach und schnell verglichen werden können. Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker hat seit der Premiere im Jahr 1941 einen eigenen Klangstil für die Interpretation der Werke aus der Strauss-Dynastie entwickelt.

Über viele Jahre hinweg etablierte sich bei Konzerten der Wiener Philharmoniker am Neujahrstag ein für das Publikum einprägsamer charakteristischer «Wiener Stil», da das Orchester nach Ausflügen in seltener gespieltes Repertoire immer wieder zu den Dauerbrennern wie «Donauwalzer» und «Radetzkymarsch» zurückkehrte.

Wie sich die Charakteristika des Klangs entwickelt haben und welche neuen Aspekte die Dirigenten – ausschliesslich Männer – eingebracht haben, wollen der Musikinformatiker David M. Weigl und die Musikwissenschafterin Chanda VanderHart von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien im Forschungsprojekt «Signature Sound Vienna» aufzeigen helfen. Die wechselnden Dirigenten gaben der Musik jeweils auch eigene Nuancen mit.

Konkret bauen sie eine Datenbank zu Aufnahmen des Neujahrskonzerts auf und entwickeln Werkzeuge, die einen grossen musikalischen Korpus besser vergleichbar machen sollen. Denn selbst für Musiker und Musikforschende mit sehr gutem musikalischen Gedächtnis sei es schwierig, eine Vielzahl von Interpretationen im Kopf zu behalten.

Neue Technologien zur Analyse der Musik

Als Hilfestellung wurden im Rahmen des Projekts, das noch bis Sommer 2024 läuft, zwei Softwareprogramme entwickelt. «mei-friend» mache Partituren maschinenlesbar und nutze das Format «MEI» der Music Encoding Initiative – eine Open-Source-Bewegung zur Codierung von Musik, so Weigl. Dazu wurden die Partituren von zehn Stücken, die Fixpunkte beim Neujahrskonzert sind, als MEI-Dateien codiert.

Der Computer «verstehe» dadurch quasi die Struktur der Musik, wodurch man nach interessanten Passagen suchen, sie markieren und Anmerkungen ergänzen könne. Die Daten würden sich dann in ein Programm namens «Listen Here!» überführen lassen, in dem man jene Versionen auswähle, die man hören wolle.

Die importierten Markierungen aus «mei-friend» würden dann direkt zu den gewünschten Stellen führen. «Man kann also einzelne Notenfolgen oder Motive von Dutzenden Interpretationen beliebig schnell hintereinander anhören und im Detail vergleichen», erklärte Weigl.

Erkenntnisse durch technische Analyse

So würden sich auch grosse Musiksammlungen auf bestimmte Fragestellungen abklopfen lassen. Eine durch die neuen technischen Mittel ermöglichte Analyse zeige, wie unterschiedlich die Dirigenten an die Musik herangehen würden.

«Ein Thema im ‹Kaiserwalzer› mit einem martialischen Grundton klingt in den frühen Aufnahmen etwa noch recht militärisch, bevor es sich in späteren Jahren stilistisch vollkommen wandelt, harmloser, runder wird und plötzlich beinahe ein bisschen an Karussell-Musik erinnert», so VanderHart. Ausserdem hätten sich die Walzer des Neujahrskonzerts von Tanzmusik wegbewegt und würden «symphonischer, formal offener und kontrastreicher».

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