Russland lässt Truppen entlang der Grenze zur Ukraine aufmarschieren. In den Nato-Staaten wächst die Sorge um eine Eskalation des Konflikts. US-Präsident Biden schlägt Kremlchef Putin einen Gipfel vor.
Joe Biden
US-Präsident Joe Biden hat Russland ein Treffen vorgeschlagen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor dem Hintergrund des russischen Truppenaufmarschs entlang der Grenze zur Ukraine hat US-Präsident Joe Biden Kremlchef Wladimir Putin ein Gipfeltreffen vorgeschlagen.

Biden habe in einem Telefonat mit Putin am Dienstag seine Besorgnis über den plötzlichen Aufbau der russischen Truppen an der ukrainischen Grenze und auf der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim geäussert, teilte das Weisse Haus mit. Der US-Präsident habe einen Gipfel in einem Drittland in den kommenden Monaten vorgeschlagen, «um die gesamte Bandbreite der Themen zu erörtern, mit denen die Vereinigten Staaten und Russland konfrontiert sind».

Der Kreml in Moskau bestätigte Bidens Vorschlag, liess aber offen, ob Putin die Einladung annehmen wird. Allerdings hatte auch der russische Staatschef Biden ein Gespräch angeboten, nachdem der US-Präsident unlängst die Frage bejaht hatte, ob er Putin für einen «Killer» halte. Wegen dieser Äusserung hat Russland vorübergehend seinen Botschafter aus den USA abgezogen.

Weiter hiess es in der US-Mitteilung, Biden habe den russischen Präsidenten mit Blick auf die Ukraine aufgefordert, «die Spannungen zu deeskalieren». Er habe ausserdem «das unerschütterliche Engagement der Vereinigten Staaten für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine» betont. Dazu teilte der Kreml mit, dass es für die Lösung des Ukraine-Kriegs den international anerkannten Minsker Friedensplan von 2015 gebe. Russland beklagt, dass die Ukraine ihn nicht erfülle.

Der US-Präsident habe zudem sein Ziel bekräftigt, eine stabile Beziehung mit Russland aufzubauen, hiess es aus Washington. In dem Gespräch sei es ausserdem um die Absicht der USA gegangen, einen strategischen Dialog mit Moskau über Sicherheitsfragen und Rüstungskontrolle zu verfolgen. Putin liess mitteilen, es sei bei dem Telefonat auf Bidens Initiative auch um andere dringliche Probleme gegangen, darunter die Rettung des Atomabkommens mit dem Iran und die Lage in Afghanistan. Eingeladen habe Biden Putin auch zur Teilnahme an einem Klima-Gipfel per Videoschalte am 22. und 23. April, hiess es in Moskau.

Angesichts des starken russischen Truppenaufmarsches entlang der Grenze zur Ukraine wächst derzeit die Sorge, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine erneut eskalieren könnte. Er hat dazu geführt, dass seit knapp sieben Jahren Teile der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk entlang der russischen Grenze von moskautreuen Separatisten kontrolliert werden. Zuvor hatte sich Russland im Jahr 2014 die Krim mit ihren mehr als zwei Millionen Einwohnern einverleibt.

Auch die Nato ist angesichts der Entwicklungen zunehmend besorgt. Der russische Truppenaufmarsch entlang der Grenze zur Ukraine sei der grösste seit 2014, erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Rande eines Treffens mit dem ukrainischen Aussenminister Dmitri Kuleba in Brüssel. Russland habe in den vergangenen Wochen Tausende gefechtsbereite Soldaten verlegt. Die Konzentration der Streitkräfte sei «ungerechtfertigt, ungeklärt und zutiefst beunruhigend».

Russland verbat sich eine Einmischung in seine inneren Angelegenheiten und betonte sein Recht, auf eigenem Staatsgebiet Truppen zu bewegen, wohin es wolle. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu begründete die Verlegung von Truppen an die Westgrenze mit Manövern und Sicherheitsinteressen mit Blick auf das Vordringen der Nato. «Als Reaktion auf die militärischen Aktivitäten des Bündnisses, die Russland bedrohen, haben wir adäquate Massnahmen ergriffen», sagte er. Die Nato habe eigene Truppen an die russische Grenze verlegt.

Die Aussen- und Verteidigungsminister der Nato-Staaten wollen an diesem Mittwoch in einer gemeinsamen Videokonferenz unter anderem über die aktuelle Zuspitzung des Ukraine-Kriegs beraten. US-Aussenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin werden zu den Gesprächen persönlich in der Nato-Zentrale in Brüssel erwartet.

Bereits am Montag hatten sich die G7-Staaten zutiefst besorgt über den Aufbau russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine geäussert. «Diese gross angelegten Truppenbewegungen ohne vorherige Ankündigung stellen bedrohliche und destabilisierende Aktivitäten dar», hiess es in einer gemeinsamen Mitteilung der Aussenminister der sieben grossen Industriestaaten. «Wir fordern Russland auf, seine Provokationen einzustellen und die Spannungen im Einklang mit seinen internationalen Verpflichtungen unverzüglich zu deeskalieren.»

Bei den G7-Staaten handelt es sich um Grossbritannien, das derzeit die Ratspräsidentschaft innehat, sowie Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und die USA. Wegen der Krim-Annexion war Russland von der damals als G8 bekannten Gruppe ausgeschlossen worden.

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