Die Lage in Mariupol bleibt weiter angespannt. Russland hat die verbliebenen Soldaten zur Aufgabe aufgerufen.
Mariupol Ukraine Krieg
Mariupol nahe der russischen Grenze liegt wegen des Ukraine-Kriegs in Trümmern. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im umkämpften Mariupol ist die Lage laut Ukraine-Präsident Selenskyj äusserst ernst.
  • Moskau rief die ukrainischen Truppen in der Hafenstadt erneut zur Aufgabe auf.
  • EU-Chefin Von der Leyen forderte schnelle Waffenlieferungen an die Ukraine.
  • Hier gibt es die neuesten Entwicklungen aus der Nacht in der Zusammenfassung.

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj beschuldigte in einer Videobotschaft in der Nacht zu Sonntag Moskau, bewusst zu versuchen, alle Menschen in Mariupol auszulöschen. So habe die russische Armee die Luftangriffe weiter fortgesetzt.

Um die Situation in der Stadt zu beeinflussen, sagte Selenskyj weiter, gebe es nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Partnerländer der Ukraine stellten sofort alle notwendigen schweren Waffen zur Verfügung, auch Flugzeuge, damit man den Druck auf Mariupol verringern und die Stadt deblockieren könne. Der zweite Weg sei ein Verhandlungspfad, bei dem auch die Partner eine massgebliche Rolle spielen müssten.

Ukraine-Krieg
Die Zerstörung in Mariupol ist riesig – die Lage laut Ukraine-Präsident Selenskyj «sehr ernst». - Keystone

Mariupol gilt als seit Anfang März eingekesselt. Durch die der mehr als eineinhalb Monate andauernden Kämpfe und Bombardierungen wurde die Stadt verwüstet und eine unbekannte Anzahl von Zivilisten getötet. In den vergangenen Tagen drangen russische Truppen ins Zentrum vor. Russischen Angaben zufolge verschanzten sich mittlerweile alle verbliebenen ukrainischen Kämpfer - deren Zahl nicht mehr als 2500 sein soll - in dem Stahlwerk Asowstal.

Der Einsatz von Tu-22M Überschallbombern durch die russischen Streitkräfte beim Angriff auf das Asowstal-Werk könne auf die Absicht hindeuten, den Kampf bald zu beenden, indem sie die verbliebenen ukrainischen Kämpfer mit Feuerkraft vernichteten, schrieb das US-Kriegsforschungsinstitut Institute for the Study of War (ISW) in seiner jüngsten Ukraine-Analyse.

Haben Sie schon für die Ukraine gespendet?

In der Nacht rief die russische Armee die ukrainischen Streitkräfte in Mariupol erneut zur Aufgabe auf. Unter Berücksichtigung der «katastrophalen Situation» im Stahlwerk Asowstal biete man den eingeschlossenen ukrainischen Kämpfern sowie «ausländischen Söldnern» an, die Feindseligkeiten einzustellen und am Sonntag ab 6 Uhr Moskauer Zeit (5 Uhr MEZ) die Waffen niederzulegen, hiess es in einer Mitteilung von Generaloberst Michail Misinzew aus dem russischen Verteidigungsministerium. Allen, die ihre Waffen niederlegten, sei ihr Leben garantiert.

Selenskyj: Moskaus Vorgehen in Mariupol könnte Verhandlungen beenden

Selenskyj drohte Russland mit einem Ende der Friedensverhandlungen, falls die ukrainischen Kämpfer in der Hafenstadt Mariupol getötet werden sollten. «Die Vernichtung unserer Jungs in Mariupol, das was sie gerade tun (...), könnte einen Schlussstrich unter jede Form von Verhandlungen setzen», sagte Selenskyj in einem Interview mit örtlichen Internetmedien.

Gouverneur: Russische Truppen warten auf besseres Wetter

Der Gouverneur des ostukrainischen Gebiets Luhansk erklärte, Russland habe bereits Zehntausende Soldaten für eine baldige Offensive im Osten der Ukraine zusammengezogen. Zudem seien Hunderte Einheiten Technik in die Region transportiert worden, sagte Serhij Hajdaj.

Wladimir Putin
Wartet Russlands Präsident Wladimir Putin im Osten der Ukraine auf besseres Wetter, bevor seine Armee die Grossoffensive startet? - Sputnik/AFP

Seiner Einschätzung nach warteten die russischen Truppen nur noch auf besseres Wetter, um dann zeitgleich in den Gebieten Luhansk und Donezk ihre Angriffe zu starten. In beiden Regionen soll nach Wettervorhersagen voraussichtlich Mitte kommender Woche der Regen aufhören und am Samstag wieder beginnen. Am kommenden Sonntag feiert die russisch-orthodoxe Kirche Ostern.

Rund 1450 Menschen aus umkämpften Gebieten gebracht

Rund 1450 Menschen sind ukrainischen Angaben zufolge am Samstag aus umkämpften Gebieten des Landes in Sicherheit gebracht worden. Etwa 1380 Menschen kamen in der Stadt Saporischschja aus mehreren Städten im Süden und Osten des Landes an, darunter 170 aus der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol, teilte das Büro des Präsidenten am Samstag auf Telegram mit.

Aus drei Städten der Region Luhansk seien «unter andauerndem Beschuss» 68 Menschen geholt worden. Eine Evakuierung aus der Stadt Lyssytschansk in dem Gebiet sei aufgrund «massiven Beschusses» vereitelt worden.

Ukraine-Krieg
Eine Mutter wartet mit ihrer Tochter auf einen Bus, um aus der Stadt Slowjansk im Nordwesten der Ukraine zu fliehen. - Petros Giannakouris/AP/dpa

Fluchtmöglichkeiten gibt es auch nach Russland. Aus Moskau hiess es am Samstag, «trotz von Kiew verursachter Hindernisse» seien binnen 24 Stunden ohne Beteiligung der ukrainischen Behörden rund 15'800 Menschen aus gefährlichen Regionen der Ukraine und den Gebieten Donezk und Luhansk nach Russland evakuiert worden.

Forderung nach schnelleren Waffenlieferungen für Ukraine

Selenskyj forderte erneut mehr Tempo bei den Waffenlieferungen für sein Land. «Von dem Moment an, an dem sie sagen, wir haben beschlossen, der Ukraine Waffen zu liefern, bis unsere Streitkräfte die Waffen erhalten, können zwei bis drei Wochen vergehen», sagte der Staatschef in einem Interview für ukrainische Internetmedien. Der Prozess dauere zu lange. Selenskyj fand offenbar bei EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bereits Gehör.

Sie appellierte an die Länder der EU, der Ukraine schnell Waffen zur Verfügung zu stellen. «Für alle Mitgliedstaaten gilt, wer kann, sollte schnell liefern, denn nur dann kann die Ukraine in ihrem akuten Abwehrkampf gegen Russland bestehen», sagte von der Leyen der «Bild am Sonntag». «Ich unterscheide nicht zwischen schweren und leichten Waffen. Die Ukraine muss das bekommen, was sie zur Verteidigung braucht und was sie handhaben kann.»

Von der Leyen: Öl und Banken im Visier für nächstes EU-Sanktionspaket

Zu den Kernpunkten eines sechsten Sanktionspaketes der EU gegen Russland, das zurzeit vorbereitet wird, sagte von der Leyen: «Wir sehen uns weiter den Bankensektor an, insbesondere die Sberbank, die alleine 37 Prozent des russischen Bankensektors ausmacht. Und natürlich geht es um Energiefragen.» Man entwickle zudem gerade «kluge Mechanismen», damit im nächsten Sanktionsschritt auch Öl einbezogen werden kann.

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Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. (Archivbild) - dpa

Das wird heute wichtig

Papst Franziskus feiert an diesem Sonntag auf dem Petersplatz in Rom die grosse Messe zum Ostersonntag. Es wird erwartet, dass Franziskus die Gelegenheit wieder zu einem Appell für den Frieden nutzen wird. Innerhalb der Ukraine richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Lage in Mariupol. In Berlin geht die Diskussion um die Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine weiter.

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