Conchita Wurst vor kaiserlicher Kulisse – das Jahr 2024 der Europäischen Kulturhauptstadt Salzkammergut startete mit Widersprüchen.
Tom Neuwirth alias «Conchita», Sänger aus Österreich, tritt bei der offiziellen Eröffnung der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 im Kurpark in Bad Ischl auf. Foto: Helmut Fohringer/APA/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
Tom Neuwirth alias «Conchita», Sänger aus Österreich, tritt bei der offiziellen Eröffnung der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 im Kurpark in Bad Ischl auf. Foto: Helmut Fohringer/APA/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits - sda - Keystone/APA/Helmut Fohringer

Mit einem Befreiungsschlag von der Nostalgie hat die österreichische Alpenregion Salzkammergut offiziell das Europäische Kulturhauptstadt-Jahr 2024 eröffnet. Vor eine Kulisse von verschneiten Berghängen stimmten tausend Jodlerinnen und Jodler in Bad Ischl althergebrachte und moderne Klänge an, bevor Tom Neuwirth alias Conchita Wurst vor Tausenden Zuschauerinnen und Zuschauern eine intime Akustik-Version des Hits «Rise Like a Phoenix» intonierte.

Wurst trug dabei ein Kleid, das an die Gewänder von Kaiserin Sisi erinnerte. Zum Abschluss der Freiluft-Show am Samstagabend entledigten sich Choreographin Doris Uhlich und ihr Tanzensemble bei Minusgraden ihrer Kleider und damit symbolhaft auch aller Klischees, die mit dem Salzkammergut verbunden sind.

Nach 2010, als das Ruhrgebiet Europäische Kulturhauptstadt war, trägt mit dem Salzkammergut dieses Jahr wieder eine ganze Region diesen Titel. Der ehemalige kaiserliche Urlaubsort Bad Ischl und 22 weitere Kommunen dieser touristisch geprägten Landschaft nahe der bayerischen Grenze wollen mit einem vielfältigen Programm eine Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft schlagen. «Miteinander wollen und werden wir diese Chance zum Aufbruch und für die Zukunft ergreifen», sagte die Bad Ischler Bürgermeisterin Ines Schiller.

Rund 300 Konzerte, Performances und Ausstellungen geplant

Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne) erinnerte daran, dass Sisis Ehemann Kaiser Franz Joseph im Jahr 1914 in Bad Ischl die Kriegserklärung gegen Serbien unterschrieb, die den Ersten Weltkrieg auslöste und jahrzehntelange Gewalt nach sich zog. Auch derzeit würden Demokratie und Freiheit in Europa angegriffen. «Kunst und Kultur kann Hass und Hetze sehr viel entgegensetzen», sagte Kogler.

Bis zum Jahresende sind im Salzkammergut rund 300 Projekte geplant. Mit Konzerten, Performances und Ausstellungen sollen nicht nur Habsburgerklischees hinterfragt und die NS-Vergangenheit des Salzkammerguts aufgearbeitet werden. Das Projektteam will auch Lösungen für aktuelle Probleme wie Massentourismus, Abwanderung und Klimawandel aufzeigen.

Der jahrtausendealte Salzabbau in der Region bildete die Inspirationsquelle für die Ausstellung «Kunst mit Salz und Wasser», die am Wochenende in Bad Ischl eröffnet wurde. Unter anderem schuf der Japaner Motoi Yamamoto ein Labyrinth aus etwa sechs Tonnen Salz, während die deutsche Installationskünstlerin Christine Biehler eine monumentale Salzbatterie aufbaute, die Strom und Töne erzeugt.

Tartu und Bodø starten Programm ab kommender Woche

Am Eröffnungswochenende stand auch die Operette «Eine Frau, die weiss, was sie will!» von Oskar Straus (Musik) und Alfred Grünwald (Text) auf dem Programm. Das Gastspiel der Komischen Oper Berlin erinnerte daran, dass diese und andere jüdischen Künstler mit engen Verbindungen zum Salzkammergut während der NS-Zeit verfolgt wurden.

Viel Publikumsinteresse rief auch das «Genusslabor» in einem ehemaligen Bahnhofsrestaurant hervor, wo Berufsschülerinnen und -schüler noch bis September ihre gastronomischen Konzepte zur Rettung der Wirtshauskultur servieren.

Neben dem Salzkammergut gibt es in diesem Jahr zwei weitere Europäische Kulturhauptstädte: Tartu in Estland feiert die Eröffnung am 26. Januar, gefolgt von Bodø in Norwegen am 3. Februar. Nächstes Jahr sind die deutsche Stadt Chemnitz und das slowenische Nova Gorica an der Reihe.

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