Der Hauptverdächtige im Fall Maddie McCann ist ein vielfach vorbestrafter Sexualstraftäter. Trotzdem war er nicht auf einer Liste mit rund 600 Verdächtigen.
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Fall Maddie McCann: Die Dreijährige war 2007 aus einer Appartementanlage in Portugal verschwunden. - sda
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Hauptverdächtige im Fall Maddie McCann ist ein vorbestrafter Sexualstraftäter.
  • Die portugiesische Polizei nahm ihn aber nicht auf eine Liste mit rund 600 Verdächtigen.
  • Der ehemalige Ermittlungsleiter glaubt, der Verdächtige sei ein Sündenbock.

Die portugiesische Polizei muss sich im Fall Maddie McCann unangenehme Fragen stellen lassen: Der Hauptverdächtige Christian B. ist ein vielfach vorbestrafter Sexualstraftäter. Er verliess Praia da Luz ausserdem kurz nach dem Verschwinden der 3-Jährigen im Mai 2007.

Trotzdem landete er nicht auf einer Liste der portugiesischen Behörden mit rund 600 Verdächtigen, berichtet die «Dailymail». Dabei hat der Deutsche gemäss «Spiegel»-Recherchen mindestens 17 Einträge im Strafregister. Mehrfach wurde er auch wegen Kindesmissbrauchs verurteilt.

Christian B. kam wegen Justizpanne frei

Wie die «Süddeutsche Zeitung» am Freitag berichtet, wurde der 43-Jährige aufgrund einer Justizpanne freigelassen. Vor knapp zwei Jahren in Schleswig-Holstein. Gemäss Recherchen der Zeitung und dem NDR und WDR nur, weil die Staatsanwaltschaft Flensburg zu spät handelte.

Diese wollten nämlich verhindern, dass Christian B. auf freien Fuss kommt. Dies sollte anhand einer alten Strafe passieren – Es ging um Drogenhandel auf Sylt. Um diese ältere Strafe zu vollstrecken, mussten die Behörden die portugiesische Justiz um ihr Einverständnis bitten. Zuvor war der Deutsche nämlich (2017) aus Portugal nach Schleswig-Holstein ausgeliefert worden, ohne dass die Portugiesen das alte Urteil erwähnt hatten.

Maddie McCann
Christian B. ist der Hauptverdächtige im Fall von Maddie McCann. - Privat/Screenshot bild.de

Um dieses durchzusetzen, hätte Portugal einverstanden sein müssen. Doch die Deutschen stellten den Antrag sehr spät – zu spät, urteilte der Bundesgerichtshof. In der Folge wurde Christian B. im August 2018 aus der Haft entlassen. Erst vier Monate später konnten die Behörden einen neuen Haftbefehl erwirken.

Bereits als 17-Jähriger wegen Kindesmissbrauch verurteilt

Bereits 1994 stand der damals 17-Jährige erstmals wegen «Vornahme sexueller Handlungen von einem Kind» in Bayern vor Gericht. Er wurde zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Es war der erste Eintrag einer heute prall gefüllten Strafakte.

Unter anderem machte sich der Verdächtige wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, Körperverletzung, schwerem Diebstahl und Trunkenheit im Verkehr schuldig. Er verkaufte Drogen und wurde ausserdem wegen dem Besitz von Kinderpornografie und sexuellen Missbrauchs eines Kindes 2016 in Braunschweig verurteilt.

Aktuell verbüsst der Deutsche eine Haftstrafe in der JVA Kiel. Im Dezember wurde er wegen der brutalen Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin im Jahre 2005 verurteilt.

Fall Maddie McCann
Die Suche nach der damals dreijährigen Madeleine McCann wurde zeitweise unterbrochen. - Keystone

Die Tat beging er ebenfalls in Portugal, an der Algarve. Er hatte die Seniorin in ihrem Feriendomizil überfallen, gefesselt und geschlagen, bevor er sie vergewaltigte und mit ihrem Geld verschwand. Erst rund 10 Jahre später lieferte ein Haar am Tatort den DNA-Beweis.

Ex-Leiter im Fall Maddie McCann: Er ist ein Sündenbock

Trotzdem glaubte der ehemalige Leiter des Falls, Goncalo Amaral, dass Christian B. zum Sündenbock gemacht werde. 2007 wurde er vom Fall abgezogen.

Ein Jahr später veröffentlichte Amaral ein Buch zum Fall Maddie McCann. In diesem verdächtige er die Eltern, dass sie die Dreijährige nach einem Unfall verschwinden liessen.

Fall Maddie McCann
Maddies Eltern Kate und Gerry McCann - POOL/AFP/Archiv

Christian B. geriet erst wieder in den Fokus der Ermittler, als er 2017 gegenüber einem Freund mit Details zum Verschwinden prahlte. Er soll ihm darüber hinaus ein Video einer Vergewaltigung gezeigt haben. Trotzdem gelang es den Ermittlern in drei Jahren nicht, genug Beweise für eine Verurteilung zusammenzutragen.

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