Wer Montag oder Dienstag mit dem Zug reisen wollte, muss umplanen. Auf den Schienen herrscht streikbedingt Stillstand. Wie kommen Betroffene dennoch ans Ziel und wie gibt es Geld zurück?
Wer auf eigene Faust einen Mietwagen bucht, sollte nicht auf eine Erstattung der Kosten durch die Bahn hoffen.
Wer auf eigene Faust einen Mietwagen bucht, sollte nicht auf eine Erstattung der Kosten durch die Bahn hoffen. - Bernd Diekjobst/dpa-tmn
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Das Wichtigste in Kürze

  • Erneut brauchen Bahn-Reisende und -Pendler starke Nerven: Die Gewerkschaft EVG hat für den Wochenstart einen Warnstreik angekündigt.

Dieser soll von Sonntag, 22.00 Uhr, bis Dienstag, 24.00 Uhr, andauern. Wer mit dem Zug reisen wollte, muss umplanen.

Die Bahn hat bekannt gegeben, ab Sonntagabend den gesamten Fernverkehr für die zwei Tage vollständig einzustellen. Auch im Regionalverkehr werde «während des Streiks grösstenteils kein Zug fahren».

Der Bahngastrechte-Fachmann und Jurist André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum klärt über die Rechte Bahnreisender auf:

Alternative Beförderung: Wer an einem der Streiktage unbedingt reisen muss, wird umsteigen müssen – auf Fernbus, eigenes Auto, Mietwagen, Mitfahrgelegenheiten oder den Flieger.

Kommt die Bahn dafür auf? Wenn sie die Alternativen selbst organisiert, dann ja: Denkbar wären etwa Fernbus-Sammelbeförderungen von einzelnen Bahnhöfen oder Taxifahrten, wenn etwa am Sonntagabend der Zug im Bahnhof stehen bleibt und es noch viele Passagiere gibt, die eine Stadt weiter müssen.

Wer im Vorfeld ein Mietauto oder Flugticket bucht, kann aber nicht darauf hoffen, dass dieses Geld erstattet wird. «Man kann versuchen, sich die vorgestreckten Kosten erstatten zu lassen – aber im Zweifel wird die Bahn ablehnen», lautet die Einschätzung von Schulze-Wethmar. Einfacher wäre es, sich den Preis für das Bahnticket erstatten zu lassen und sich auf eigene Kosten um die Alternative zu kümmern.

Die Bahn hat auch wie bei vergangenen Warnstreiks eine Kulanzregelung getroffen für Fernverkehrsfahrten während des Streiks. Die betroffenen Tickets seien ab sofort und bis Sonntag flexibel nutzbar, die Zugbindung sei aufgehoben. Wer aber zwingend am Montag oder Dienstag reisen muss, für den ist das natürlich keine Option.

Ticketerstattung: Fährt der Zug nicht oder wird absehbar mindestens 60 Minuten verspätet am Zielort eintreffen, kann man den Ticketpreis zurückverlangen. Diese Option besteht auch für den Warnstreik.

Für im Internet über ein Kundenkonto gekaufte Tickets geht das mit einem Online-Antrag auf «bahn.de» oder über die «DB-Navigator»-App. Sonst bleibt nur, die Kosten schriftlich zurückverlangen.

Dafür muss man das Fahrgastrechte-Formular ausfüllen – unter dem Punkt «Angaben zu Ihrer Reise» kreuzt man laut Bahn dann «Ich habe meine Reise wegen dieser Verspätung nicht angetreten oder habe sie im nachfolgenden Bahnhof abgebrochen ...» an. Das Formular geht per Post an Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt/Main.

Die Bahn weist darauf hin, dass der Antragsbutton für die Online-Erstattung per Website oder App erst eingeblendet wird, wenn der Gültigkeitszeitraum des Tickets erreicht ist. Es ist demnach auf dem Weg nicht möglich, die Entschädigung bereits Tage vor dem Reisedatum zu stellen.

Und was ist mit Zeitfahrkarten oder Abo-Tickets wie dem Deutschlandticket? Sie können ja streikbedingt zwei Tage nicht genutzt werden. Hier gibt es Schulze-Wethmar zufolge pauschale Sätze.

Bei einer Bahncard 100 der 2. Klasse zum Beispiel sind es für jede Zugverspätung ab 60 Minuten zehn Euro. Beim Deutschlandticket sind es laut Bahn pro Verspätungsfall von mehr als einer Stunde 1,50 Euro – weil sie aber erst ab 4 Euro Entschädigungssummen auszahlt, müssen Reisende mehrere Fälle sammeln, ehe sie beim Servicecenter Fahrgastrechte ihre Ansprüche geltend machen.

Verpflegung: Bei einer verzögerten Abfahrt von mehr als einer Stunde können Reisende die Versorgung mit Speisen und Getränken von der Bahn fordern – so die Theorie. Praktisch gilt die Einschränkung, dass die Verpflegung im Zug oder Bahnhof verfügbar oder lieferbar sein muss.

Übernachtung: Wer in einer anderen Stadt festsitzt und mit dem Zug nicht weiterkommt, kann von der Bahn auch die Unterbringung im Hotel oder in einer anderen Unterkunft verlangen.

Die können sie allerdings nur fordern, wenn der Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten «notwendig» wird, so Schulze-Wethmar. Fahren streikbedingt keine Züge und ist man nicht zu Hause, kann diese Notwendigkeit durchaus bestehen.

Die Bahn hat auch das Recht, anstelle einer Übernachtung eine andere Beförderung zum Ziel anzubieten – etwa eine Weiterreise mit dem Bus.

Wie geht man dann vor, wenn man strandet? Zunächst einmal ist die Bahn in der Organisationspflicht – das bedeutet: Reisende müssen sie kontaktieren und die Unterbringung fordern. Dann erhält man eventuell einen Hotelgutschein. Den Transfer zum Hotel müsste die Bahn auch übernehmen. Oder man bekommt eben das Angebot einer Alternativbeförderung zum Ziel.

«Kommt die Bahn dem nicht nach, können Sie sich auch selbst kümmern und die Kosten für die Übernachtung vorstrecken», so Schulze-Wethmar. «Dann werden allenfalls aber nur die angemessenen Kosten erstattet – man sollte dann kein Luxushotel buchen.»

Wichtig ist: Man sollte der Bahn vorher eine angemessene Zeit gegeben haben, zu reagieren. Eine gesetzliche Frist gibt es hier nicht, aber je nach Uhrzeit können das mehrere Stunden sein.

Und man sollte die Kontaktaufnahme belegen können. Wer etwa am Bahnhof keine Hotelunterbringung organisiert bekommt, sollte per E-Mail oder über ein Kontaktformular an die Bahn schreiben – so hat man einen Nachweis, dass man sich gemeldet hat. Belege und Quittungen vom Hotel und für die Fahrt dorthin muss man auch aufheben, wenn man die Kosten nachträglich einfordern will.

Flug verpasst: Wer wegen des Warnstreiks nicht mit dem Zug zum Flieger kommt, dem muss die Bahn nicht die Kosten für den verpassten Flug erstatten. «Für Folgeschäden haftet die Bahn nicht», sagt Jurist Schulze-Wethmar.

«Daher sollte man doch zusehen, dass man möglichst frühzeitig Flughafen und vielleicht sogar vorher in der Stadt übernachtet, als dass man riskiert, dass man auf den Kosten für den verpassten Flug sitzen bleibt.» Oder man hat eben noch eine andere Option, um zum Airport zu kommen – etwa im Mietwagen oder Fernbus.

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