Die beiden Co-Vorsitzenden der Grünen, Ricarda Lang und Omid Nouripour, haben nach mehreren Wahlmisserfolgen den Rücktritt des Parteivorstands angekündigt.
Ricarda Lang und Omid Nouripour.
Co-Vorsitzenden der Grünen: Ricarda Lang und Omid Nouripour. (Archivbild) - AFP/Archiv

Neustart bei den deutschen Grünen. Nach Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen hat der Parteivorstand seinen Rücktritt angekündigt – ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl. Das gaben die beiden Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour in Berlin bekannt.

«Es braucht einen Neustart», sagte Nouripour. Auf dem Bundesparteitag Mitte November solle ein neuer Vorstand gewählt werden. Der Bundeswirtschaftsminister und frühere Co-Vorsitzende Robert Habeck (Grüne) nannte den angekündigten Rücktritt des Parteivorstandes einen «grossen Dienst an der Partei».

In Brandenburg mehr als halbiert, aus zwei Landtagen geflogen

Die Grünen hatten bei den vier zurückliegenden Wahlen – der Europawahl und den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – drastische Verluste erlitten. In Brandenburg haben sie ihr Ergebnis mehr als halbiert. Aus zwei Landtagen flogen sie hinaus.

Allein in Sachsen gelang ihnen knapp der Wiedereinzug ins Landesparlament. Dort werden sie für eine Regierungsbildung aber nicht mehr gebraucht. Zuvor sassen in allen drei Ländern mit in der Regierung.

«Nicht am eigenen Stuhl kleben»

«Es braucht neue Gesichter, um die Partei aus dieser Krise zu führen», sagte Lang. «Jetzt ist nicht die Zeit, am eigenen Stuhl zu kleben. Jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen, und wir übernehmen diese Verantwortung, indem wir einen Neustart ermöglichen», fügte sie hinzu.

Lang und Nouripour waren Ende Januar 2022 zu Co-Vorsitzenden gewählt worden. Als Nachfolger von Habeck und Aussenministerin Annalena Baerbock nach deren Eintritt in die Regierung. In der Partei sind sie relativ beliebt.

Dass zwischen ihnen – anders als bei manchen Vorgängern – keine Rivalitäten und Meinungsverschiedenheiten zu spüren waren, rechnen ihnen viele Grünen-Mitglieder hoch an. Lang und Nouripour waren im November 2023 im Amt bestätigt worden. Damals wurde der aktuelle Bundesvorstand eigentlich für zwei Jahre gewählt.

Nouripour angefasst

Schon am Montag hatte Nouripour relativ resigniert geklungen. Er sprach von einer bitteren Niederlage in Brandenburg und zeigte sich zugleich konsterniert über den Zustand der Ampel-Koalition. «Der grosse Feng-Shui-Moment wird wohl nicht mehr kommen, und das glaubt mir auch niemand mehr, wenn ich das sage», sagte er nach Beratungen des Parteivorstandes.

«Wir machen unsere Arbeit, wir versuchen, das Land nach vorne zu bringen, und fühlen uns auch an den Koalitionsvertrag, an das, was miteinander vereinbart worden ist, gebunden», sagte der Grünen-Chef. «Aber das ist es auch dann.» In der Ampel aus SPD, FDP und Grünen gibt es wiederholt öffentlich ausgetragene Streitigkeiten über verschiedene Themen. Nouripour hatte die Ampel bereits als «Übergangslösung» bezeichnet.

Habeck: Schritt zeugt von Weitsicht

Habeck sagte zum Rücktritt des Parteivorstandes: «Dieser Schritt zeugt von grosser Stärke und Weitsicht. Ricarda Lang und Omid Nouripour beweisen, was für sie der Parteivorsitz bedeutet: Verantwortung. Sie machen den Weg frei für einen kraftvollen Neuanfang.»

Habeck sagte weiter: «Hinter uns liegen harte Monate, die Grünen standen voll im Gegenwind.» Die Niederlagen bei den letzten Wahlen seien unstrittig vom Bundestrend beeinflusst. «Wir tragen hier alle Verantwortung, auch ich. Und auch ich will mich ihr stellen.»

Parteitag im November

Die Grünen wollen im Herbst entscheiden, ob sie bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr einen Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken oder nur mit einem Spitzenkandidaten antreten. Voraussichtlich fällt die Entscheidung vor dem Bundesparteitag, der Mitte November in Wiesbaden stattfindet.

Nachdem Aussenministerin Baerbock gesagt hatte, dass sie diesmal nicht an der Spitze stehen will, läuft alles auf Habeck hinaus. Baerbock war 2021 die erste Grüne-Kanzlerkandidatin, das Wahlergebnis von 14,8 Prozent blieb deutlich unter den Erwartungen.

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