Bericht zum Lissabon-Unglück: Kabel löste sich von Todesbahn

Keystone-SDA
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Portugal,

Ein Riss an der Verbindung zwischen Seil und Wagen führte zum verheerenden Unfall auf der steilen Calçada da Glória in Lissabon.

Glória-Bahn
Trümmer der Glória-Bahn nach dem Unfall – der Wagen krachte nach der Entgleisung mit hoher Geschwindigkeit gegen ein Gebäude. - keystone

Das Standseilbahnunglück in Lissabon ist durch einen Schaden an der Verbindung des Seils mit dem Unfallwagen verursacht worden. Das geht aus dem ersten Bericht der Untersuchungskommission in Portugal hervor. Der Bremser des Fahrzeugs tat demnach alles, um die drohende Katastrophe abzuwenden.

Der Kampf ums Überleben scheiterte aber. Unaufhaltsam raste der Wagen am Mittwochabend bergab. Es prallte gegen Eisenmasten und krachte gegen ein Gebäude. Nach knapp 50 Sekunden war laut Bericht alles vorbei: 16 Menschen starben, 21 wurden zum Teil schwer verletzt.

Versagen der Bremsen noch ungeklärt

Das Seil habe sich schon kurz nach Fahrtbeginn um 18:03 Uhr von dem Wagen gelöst, steht im Bericht des Amtes für die Verhütung und Untersuchung von Flug- und Eisenbahnunfällen (GPIAAF). Bei der Untersuchung des Wracks sei festgestellt worden, dass das Kabel, das beide Wagen am unteren und oberen Ende der steilen Strasse Calçada da Glória verbindet, am Befestigungspunkt im oberen Teil des Unglückswagens nachgegeben habe. Warum die Bremsen das Gefährt nicht stoppen konnten, blieb zunächst aber unklar.

Wagen lissabon
Ermittler untersuchen die Unglücksstelle – das Seil soll sich kurz nach Fahrtbeginn vom Wagen gelöst haben. - keystone

Es wird vermutet, dass das System mit Druckluftbremsen, die sich im Notfall automatisch aktivieren, entweder versagt oder aber nicht ausgereicht habe. Der erfahrene Bremser habe daher «sofort die Druckluftbremse und die Handbremse» gezogen. «Diese Massnahmen hatten keinerlei Wirkung (...) und die Kabine beschleunigte weiter bergab», heisst es im GPIAAF-Bericht.

Erfahrener Bremser konnte Unfall nicht verhindern

Der Bremser, vergleichbar mit einem Fahrzeugführer, ist meistens der einzige Mitarbeiter an Bord und steuert beziehungsweise überwacht während der Fahrt die Bremsen der Kabine.

Nach 170 Metern sei die Bahn an einer Kurve entgleist, mit einer geschätzten Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde unter anderem gegen einen Strassenlaternen- sowie einen Leitungsmast aus Gusseisen geprallt, auf die Seite gestürzt und schliesslich gegen ein Gebäude gekracht. «All diese Ereignisse spielten sich in einem Zeitraum von weniger als 50 Sekunden ab», hiess es. Von dem Gefährt blieben nur Trümmer übrig.

Das verwendete Kabel bestehe aus sechs Strängen mit je 36 Stahldrähten und einem Faserkern mit einem Gesamtdurchmesser von 32 Millimetern. Die Bruchlast beträgt etwa 68 Tonnen. Der Kabeltyp werde in dieser Standseilbahn seit etwa sechs Jahren verwendet. Die veranschlagte Lebensdauer eines solchen Kabels liege bei 600 Tagen. Das zum Unfallzeitpunkt vorhandene Kabel sei erst seit 337 Tagen im Einsatz gewesen, ging aus dem GPIAAF-Bericht hervor.

Abschlussbericht in einem Jahr

Wie es dazu kommen konnte, dass sich das Kabel von dem Wagen löste, müsse nun bei weiteren Untersuchungen geklärt werden. Einen ausführlicheren Bericht beabsichtigt die Behörde nach Angaben von Direktor Nelson Oliveira in etwa 45 Tagen vorzulegen, einen umfassenden Abschlussbericht in einem Jahr.

Der «Elevador da Glória» ist eine der berühmtesten Touristen-Attraktionen Lissabons, aber auch Einheimische nutzen ihn täglich. Jährlich befördert die im 19. Jahrhundert in Deutschland gebaute Bahn rund drei Millionen Passagiere. Am Mittwoch aber verwandelte sie sich binnen Sekunden in eine Todesfalle.

Todesopfer aus neun Ländern

Ausser den 16 Todesopfern des Unglücks wurden auch 21 Menschen zum Teil schwer verletzt. Ein zunächst totgeglaubter Deutscher wurde später von seinen Eltern schwer verletzt, aber lebend in einem Krankenhaus gefunden. Seine Frau wurde schwer, der gemeinsame kleine Sohn leicht verletzt.

Bei den Todesopfern handelt es sich um fünf Portugiesen, darunter der Bremser, sowie um drei Briten, zwei Kanadier, zwei Südkoreaner und je ein Todesopfer aus der Schweiz, der Ukraine, Frankreich und den USA, wie die portugiesische Kriminalpolizei mitteilte. Einen solchen Unfall mit einer der drei Standseilbahnen hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben.

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Kommentare

User #6143 (nicht angemeldet)

War es ein sogenannter Ermüdengsbruch ?

User #1026 (nicht angemeldet)

Todesbahn?!? Was für ein unmögliches Wort.

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