Die US-Regierung muss sich Fragen dazu stellen, ob sie bei der Bewertung des Vorgehens Israels in den palästinensischen Gebieten Doppelstandards hat. Berichten zufolge herrscht intern Uneinigkeit.
Israelische Soldaten während einer Militäroperation im Westjordanland.
Israelische Soldaten während einer Militäroperation im Westjordanland. - Majdi Mohammed/AP/dpa

Mit Blick auf die Einhaltung des Völkerrechts legt das US-Aussenministerium nach eigenen Angaben bei Israel keine eigenen Standards an. «Wir stellen an Israel die gleichen Massstäbe wie an jedes andere Land», sagte der stellvertretende Sprecher des US-Aussenministeriums, Vedant Patel, auf Nachfrage am Dienstag in Washington. Dies gelte für den Gazastreifen und Gebiete ausserhalb des Gazastreifens.

«Das Völkerrecht muss befolgt und eingehalten werden», sagte Patel weiter. «Und wenn wir Verstösse oder besorgniserregende Probleme feststellen, sprechen wir sie nicht nur bei der israelischen Regierung an, sondern ergreifen auch entsprechende Massnahmen.»

Am Montag hatte Patel bestätigt, dass bei fünf israelischen Militäreinheiten «schwere Menschenrechtsverletzungen» vor Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober festgestellt worden seien. Den Angaben zufolge haben vier Bataillone diese Verstösse «wirksam behoben», die Untersuchung bei einer fünften Einheit läuft noch. Patel hatte dabei allerdings nicht direkt auf Fragen von Journalistinnen und Journalisten geantwortet, um welche Verstösse es sich genau gehandelt habe, wie sie behoben worden seien und ob weiterhin Sanktionen erwogen würden. Stattdessen betonte er wiederholt, es handele sich um einen «laufenden Prozess».

Bidens Frust mit der israelischen Regierung

Vergangene Woche hatte dann der US-Sender ABC News berichtet, dass die USA von Plänen Abstand genommen hätten, israelische Militäreinheiten zu sanktionieren. Israel habe Massnahmen zugesagt, Missstände zu beheben, berichtete der Sender unter Berufung auf ein Schreiben von US-Aussenminister Antony Blinken an den Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte zuvor die Absicht, Sanktionen zu erlassen, als «Gipfel der Absurdität» und «moralischen Tiefpunkt» bezeichnet. In dem «ProPublica»-Bericht heisst es, nach Ansicht von mehreren Beamten im US-Aussenministerium habe Blinkens Untätigkeit den Israelis signalisiert, dass die US-Regierung nicht bereit sei, ernsthafte Schritte zu unternehmen – entgegen der von Präsident Joe Biden zuletzt immer öffentlicher geäusserten Frustration mit der israelischen Regierung.

Dieser hatte am 8. Februar schriftliche Zusicherungen ausländischer Regierungen darüber gefordert, dass mit Militärhilfe aus den USA nicht das Völkerrecht gebrochen wird. Über den Vorgang muss das US-Aussenministerium den Kongress in einem Bericht informieren – der Stichtag dafür ist der 8. Mai. Betroffen sind etwa Länder, deren US-Hilfe vom Kongress genehmigt wird und die sich aktuell in einem bewaffneten Konflikt befinden, also auch Israel. Wenn die Länder ihre Zusicherungen nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums übermitteln, soll die militärische Unterstützung unterbrochen werden. Der Sender CNN hatte am Wochenende unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter berichtet, dass im US-Aussenministerium Uneinigkeit darüber herrsche, ob Israels diesbezügliche Zusagen als «glaubwürdig und zuverlässig» akzeptiert werden sollten.

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