Libanon bald ohne Präsident und Regierung
Das Wichtigste in Kürze
- Kurz zuvor unterzeichnete der scheidende Staatschef noch ein Dekret, mit dem die geschäftsführende Regierung von Ministerpräsident Nadschib Mikati zurücktrat.
«Heute endet eine Phase und eine weitere beginnt. Sie erfordert Anstrengung und viel Arbeit, damit wir unsere Krisen beenden können», sagte Aoun in einer Rede vor dem Palast. «Heute markiert das Ende einer Mission.» Anhänger schwenkten orangefarbene Flaggen seiner Partei FPM und Poster des Staatschefs.
Der Libanon leidet unter der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte. Zudem spüren die Menschen noch immer die Folgen der verheerenden Explosion im Hafen der Hauptstadt Beirut vor mehr als zwei Jahren. Mittlerweile leben drei Viertel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Die einheimische Währung hat mehr als 95 Prozent ihres Wertes verloren.
Viele Libanesen machen den bisherigen Präsidenten und seine Verbündeten bei der Iran-treuen Hisbollah für die Missstände verantwortlich. Aoun wiederum kritisierte Zentralbankchef Riad Salamah, gegen den wegen des Verdachts auf Geldwäsche auch in Europa ermittelt wird. Es sei nicht gelungen, Salamah vor Gericht zu bringen, sagte Aoun. «Wir steuern ins Ungewisse», sagte ein Kommentator im Fernsehsender Lebanese New TV.
Ein Banker im Geschäftsviertel Hamra sagte, Aoun habe das Land «in iranische Hände» getrieben. Eine Hausfrau sagte: «Sie feiern, dass der Libanon jetzt bankrott ist. Die meisten Libanesen leben in Armut. Wir haben keinen Strom und die meisten unserer Kinder leben im Ausland, um ihre Zukunft zu sichern.» Der Libanon hat knapp sieben Millionen Einwohner.