Am heutigen Dienstag stehen die US-Wahlen an. Hier finden Sie im Voraus die wichtigsten Informationen zum US-Wahlsystem.
US-Wahlen Trump Biden
Der neue US-Präsident und sein Vorgänger: Joe Biden und Donald Trump. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Heute am 3. November stehen in den USA die Präsidentschaftswahlen an.
  • Wer mindestens 270 Wahlmännerstimmen erhält, wird neuer Präsident.
  • Nau.ch erklärt, wie das System der Präsidentschaftswahlen in den USA funktioniert.

Es ist soweit: Am heutigen Dienstag entscheiden die US-Stimmbürger, ob Donald Trump eine zweite Amtszeit erhält, oder Joe Biden der 46. Präsident der USA wird.

Da die Wahlen nicht wie hierzulande ablaufen, kann das Wahlsystem in den USA kompliziert und verwirrend wirken. Nau.ch erklärt, wie die US-Wahlen funktionieren.

Wahltag

Die Präsidentschaftswahlen finden in den USA alle vier Jahre am ersten Dienstag nach dem ersten Montag im November statt. Damit fallen die US-Wahlen immer auf ein Datum zwischen dem 2. und 8. November.

Dies ist seit 1845 so, als der Kongress einen einheitlichen Termin festlegte. Der November wurde damals ausgewählt, weil die Bauern einerseits bereits die Ernte eingeholt hatten.

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Bereits zu Abraham Lincolns Zeit fanden die US-Wahlen am ersten Dienstag nach dem ersten Montag des Novembers statt. Er wurde am 6. November 1860 zum 16. Präsidenten der USA gewählt. - Keystone

Andererseits begünstigte das noch relativ milde Klima längere Reisen zu den Wahllokalen. Der Dienstag wurde festgelegt, um den Kirchenbesuch am Sonntag nicht zu stören und trotzdem die langen Anreisen zu ermöglichen.

Die US-Bürger wählen nebst dem Präsidenten auch den Vizepräsidenten, die Sitze im Repräsentantenhaus und ein Drittel der 100 Senatssitze.

Wahlberechtigung

Es liegt in der Eigenverantwortung der Wähler, sich für die US-Wahlen registrieren zu lassen. Das ist einer der Gründe für die meist relativ niedrige Wahlbeteiligung in den USA (normalerweise etwas mehr als 50 Prozent).

US-Wahlen Biden Trump
Eine riesige LED-Anzeige am Paramount Miami Worldcenter ruft die Bevölkerung in Miami, Florida, vor den US-Wahlen am 3. November zum Wählen auf. - keystone

Wahlberechtigt sind US-Bürger ab dem 18. Geburtstag, die in einem der Bundesstaaten oder in der Hauptstadt Washington leben oder gelebt haben. In den meisten Bundesstaaten sind Gefängnisinsassen nicht wahlberechtigt, in einigen Staaten gilt dies auch nach dem Absitzen der Haftstrafe. Bewohner der Aussengebiete wie Puerto Rico dürfen ebenfalls nicht wählen.

Im Ausland lebende US-Bürger sind hingegen in dem Bundesstaat wahlberechtigt, in dem ihr letzter Wohnsitz in den USA liegt.

Briefwahl und Vorauswahl

Die Stimmbürger müssen bei den US-Wahlen nicht unbedingt am Wahltag (dieses Jahr der 3. November) wählen gehen, sondern können dies zum Teil bereits im Voraus tun. Denn in vielen Staaten gibt es das sogenannte «Early Voting»: Dieses erlaubt es den US-Bürgern, ihre Stimme bereits Tage oder Wochen vor dem Wahltermin abzugeben. Sei es durch persönliche Wahl in einem Wahllokal oder per Briefwahl.

Die Regelungen dazu sind jedoch von Staat zu Staat unterschiedlich, da jeder Bundesstaat ein eigenes Wahlrecht hat. So findet zum Beispiel in Oregon die Wahl ausschliesslich per Brief statt. Angesichts der Corona-Pandemie wurde die Möglichkeit des «Early Votings» für die US-Wahlen 2020 deutlich häufiger genutzt als üblich.

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In einer Schachtel liegen Briefwahlzettel. (Archivbild) - sda - Keystone/AP/Hans Pennink

Amtsinhaber Donald Trump hat sich mehrfach gegen die Briefwahl ausgesprochen und Wahlbetrug suggeriert. Die Stimmzettel werden auf speziellem Papier gedruckt, um ebendies zu verhindern. Auch sollen mehr Mitarbeiter eingesetzt werden, um die Zählungen korrekt vorzunehmen. Zum Teil werden die Stimmzettel auch von Maschinen gezählt.

Wahlmännersystem

Die US-Bevölkerung wählt den Präsidenten nicht direkt, sondern indirekt über das «Electoral College», das sogenannte Wahlmännergremium. Ein Kandidat gewinnt die Wahl, sobald er die Mehrheit von 270 Wahlmännerstimmen erreicht hat. Die Zahl der Wahlmänner pro Bundesstaat ist abgängig von der Bevölkerungsstärke, wobei jeder Staat mindestens drei hat.

Das hat zur Folge, dass ein Wahlmann nicht immer auf die gleiche Anzahl Einwohner fällt. In Texas oder Kalifornien kommt ein Wahlmann auf 700'000 beziehungsweise 600'000 Einwohner. In Vermont oder Wyoming sind es hingegen Hunderttausende weniger. Wer also dort abstimmt, hat quasi einen direkteren Einfluss auf die US-Wahlen.

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Die Wahlmänner des Bundesstaates Georgia bei den US-Wahlen 2016. - Keystone

Kalifornien verfügt mit 55 über die weitaus meisten Wahlmänner. Auch die Bundeshauptstadt Washington stellt drei Wahlmänner. Insgesamt gibt es in den USA 538 Wahlmännerstimmen für die Kandidaten zu vergeben.

In 48 der 50 Staaten gehen alle Wahlmännerstimmen an den Kandidaten, der im jeweiligen Staat die Mehrheit der Wählerstimmen erhält. Sollte also die Stimmbevölkerung von Florida beispielsweise mit 50,1 Prozent für Trump wählen, würde er sämtliche 29 Wahlmännerstimmen erhalten. In Nebraska und Maine werden die Wahlmänner hingegen proportional zum Wahlergebnis aufgeteilt.

Dieses indirekte Wahlsystem ermöglicht es, dass ein Kandidat zwar am meisten Wählerstimmen hat, aber wegen weniger Wahlmännerstimmen dennoch verliert. Das war zuletzt bei den US-Wahlen 2016 der Fall, als Hillary Clinton insgesamt mehr Stimmen als Trump bekam.

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Die Karte zeigt die Anzahl Wahlmännerstimmen pro US-Bundesstaat. - usa.gov

Die Wahlleute treffen dann 41 Tage nach den US-Wahlen zusammen (dieses Jahr am 14. Dezember), um nach dem Ergebnis in ihren Bundesstaaten für den Präsidenten und Vize-Präsidenten zu stimmen. Das offizielle Ergebnis wird erst am 6. Januar vom Kongress bekannt gegeben.

Sollten beide Kandidaten genau die Hälfte aller Wahlmännerstimmen (je 269) gewinnen, wählt das neu gewählte Repräsentantenhaus den Präsidenten. Damit hätte jeder Bundesstaat nur noch eine Stimme.

Swing States

Für viele Bundesstaaten lässt sich relativ gut vorhersagen, wer die Wahlmännerstimmen erhält. Dies liegt daran, dass diese Staaten traditionell entweder den Demokraten oder den Republikaner wählen. Kalifornien wählt zum Beispiel traditionell demokratisch, Oklahoma oder Kansas republikanisch.

In den sogenannten Swing States – auch «Battleground States» genannt – ist der Ausgang jedoch offen. In diesen Bundesstaaten hat keine der beiden Parteien eine strukturelle Mehrheit. Da sie das Endergebnis auf die eine oder andere Seite kippen können, ist hier der Wahlkampf besonders wichtig.

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Ein Wahlplakat mit der Aufschrift «Trump 2020 – No More Bullshit» hängt an einem Zaun. Pennsylvania ist einer der sogenannten Battlegrounds oder Swing States in den US-Wahlen, bei denen weder Trumps Republikaner noch die Demokraten von Herausforderer Biden auf eine klare Mehrheit zählen können. - dpa

Florida gehört mit dem Gewicht von 29 Wahlmännerstimmen zu den traditionell wichtigsten Swing States. Auch Pennsylvania (20 Stimmen), Ohio (18), Michigan (16), Minnesota (10) und Wisconsin (10) gehören dazu.

Wahlergebnis

Die Wahllokale schliessen am 3. November nicht alle gleichzeitig, weil sich die USA über sechs Zeitzonen erstrecken. Bei einem grossen Vorsprung für einen der beiden Kandidaten, kann das Wahlergebnis dennoch am selben Tag feststehen: Nach Schweizer Zeit wäre das frühestens in der Nacht auf den 4. November.

Bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen kann es hingegen sogar mehrere Tage bis Wochen dauern. Das liegt zum Teil an logistischen Problemen. Oder, weil in gewissen Staaten die im Voraus verschickten Briefstimmen erst nach Schliessung der Wahllokale gezählt werden dürfen.

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Wähler in Miami Beach stehen für «Early Voting» bei den US-Wahlen 2020 Schlange. - AFP

Ein weiterer Grund: Wähler, die ihren Namen am Wahltag nicht auf den ausliegenden Listen finden, dürfen trotzdem abstimmen. Bei diesen wird dann erst nach der Wahl geklärt, ob ihre Stimme gezählt wird oder nicht. Es ist auch denkbar, dass Trump oder Biden bei einem engen Ergebnis die Wahlergebnisse einzelner Bundesstaaten juristisch anfechten werden.

Die Amtseinführung des Gewinners findet seit 1937 traditionell am 20. Januar nach der Wahl statt.

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