Berge von Plastikmüll verschmutzen die Ozeane. Das will ein Niederländer mit dem Projekt «The Ocean Cleanup» ändern. Die Aktion startet in Kalifornien.
Eine 120 Meter lange Einheit des ersten Reinigungssystems «The Ocean Cleanup» liegt in der Bucht von San Francisco.
Eine 120 Meter lange Einheit des ersten Reinigungssystems «The Ocean Cleanup» liegt in der Bucht von San Francisco. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • In der Bucht von San Francisco liegt das Projekt «The Ocean Cleanup» bereit.
  • Der riesige Schwimmkörper soll helfen, den Plastikmüll aus dem Pazifik zu fischen.

In der Bucht von San Francisco liegt ein riesiger Schwimmkörper für eine einzigartige Säuberungsaktion bereit. Wie Fangarme sollen sich zwei Kunststoffrohre von je 600 Metern Länge um Berge von Plastikmüll legen – zunächst auf dem Pazifik zwischen Kalifornien und Hawaii. Im Hafen von Alameda, gegenüber der Skyline von San Francisco, wurde die Konstruktion für das Projekt «The Ocean Cleanup» seit März zusammengebaut und getestet. Nun wird es ernst: Am Samstag (8. September) soll die U-förmige Anlage unter der Golden Gate Brücke hindurch knapp 500 Kilometer von der Küste weg aufs offene Meer gezogen werden.

Nach weiteren Tests will das Team um den 24-jährigen Niederländer Boyan Slat den riesigen Müllfänger dann zum Nordpazifikwirbel – dem sogenannten Great Pacific Garbage Patch (dt. Grosser Pazifikmüllfleck) – schleppen. Das Gebiet gehört zu den fünf grössten Strömungswirbeln weltweit, an denen sich gigantische Mengen Plastikmüll sammeln. Wissenschaftler von «The Ocean Cleanup» und verschiedenen Universitäten sprechen von 1,8 Billionen Plastikteilen – alleine im am stärksten verschmutzten Pazifikgebiet, das sich über eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern erstreckt, mehr als viermal die Fläche Deutschlands.

Der Schwimmkörper, an dem eine Art Vorhang drei Meter tief ins Wasser hängt, soll durch den Plastikteppich treiben und den Müll einsammeln. Der werde dann später von Schiffen, die als «Müllwagen der Weltmeere» zu den Anlagen fahren, entsorgt und das Sammelgut zur weiteren Verarbeitung an Land gebracht, so die Vorstellung des jungen Erfinders Slat. Schon mit 16 Jahren sei ihm beim Tauchen in Griechenland die Idee gekommen, als er im Wasser «fast mehr Plastik als Fische» sah. Er konnte Investoren sowie zahlreiche Universitäten und Unternehmen für sein Millionenprojekt gewinnen. Die Zentrale ist im niederländischen Delft, vor der Nordseeküste wurden die ersten Prototypen getestet.

Plastikmüll verschmutzt die Weltmeere

Verpackungen, Flaschen, Tüten – gigantische Mengen Plastik verschmutzen die Weltmeere. Wie viel es genau ist, weiss keiner genau. Schätzungen gehen von bis zu 150 Millionen Tonnen aus. Slat und sein Team haben hochgesteckte Ziele. Vorausgesetzt, bei der Generalprobe in Kalifornien mit «System 001» läuft alles wie geplant, sollen 60 derartige Anlagen installiert werden.

Doch das Projekt wirft auch Fragen auf und wird von vielen Experten eher kritisch gesehen. Ein Kritikpunkt: «The Ocean Cleanup» kratze buchstäblich nur an der Oberfläche. Eben Schwartz von der California Coastal Commission, einer staatlichen Behörde für Küstenschutz, verweist darauf, dass sich der Grossteil des Plastikmülls in den Weltmeeren unter der Wasseroberfläche ansammelt, bis zum Meeresboden. Slat stelle die wahren Ausmasse des Problems nicht deutlich genug dar.

«Natürlich gibt es eine Menge Plastikmüll an der Oberfläche des Garbage Patch, aber der macht nicht einmal drei Prozent der gesamten Plastikmasse aus, die jährlich in die Weltmeere wandert», sagt Schwartz. Slat habe bestimmt die «besten Absichten», Müll zu entfernen, doch viel wichtiger sei es, von vornherein zu verhindern, dass weiter Plastik in die Ozeane gelangt.

Für Tiere keine Gefahr

Bedenken von Forschern, dass sich Meerestiere in der schwimmenden Barriere verfangen, weist das Team von «The Ocean Cleanup» weitgehend zurück. Mit der Wasserströmung könnten sie unbeschadet unter der Anlage wegtauchen, heisst es auf der Webseite der Stiftung.

«Sie sind sehr gut darin, ihr Projekt zu verkaufen», sagt Schwartz über die Initiative, die er zugleich als «sehr beeindruckend und innovativ» beschreibt. «Wir brauchen aber viele Lösungsansätze, nicht nur ein Pflaster, nachdem die Verschmutzung bereits passiert ist.»

Dazu gehört der «Coastal Cleanup Day», den die Behörde entlang der kalifornischen Küste seit 1985 organisiert. Freiwillige Helfer sammeln dabei einmal im Jahr Müll an den Stränden ein. 2017 machten mehr als 63 000 Menschen mit, sie entfernten über 362 Tonnen Müll. In diesem Jahr startet die Aktion am 15. September, eine Woche nach dem Stapellauf von Slats «System 001» in der Bucht von San Francisco.

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