Heute Dienstagmorgen hat das SEM den Bericht vorgestellt, um Flüchtlinge schneller in die Arbeitswelt zu bringen. Nau hat mit dessen Verfasser gesprochen.
Eduard Gnesa hat mit über 50 Vertretern aus der Wirtschaft gesprochen, um herauszufinden, warum nicht mehr Flüchtlinge arbeiten.
Eduard Gnesa hat mit über 50 Vertretern aus der Wirtschaft gesprochen, um herauszufinden, warum nicht mehr Flüchtlinge arbeiten. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eduard Gnesa hat für das SEM mit Wirtschaftsvertretern gesprochen.
  • Sie klagen vor allem über hohe administrative Hürden und unübersichtliche Infobeschaffung.
  • Gnesa schlägt ausserdem vor, den Flüchtlingen Job-Coaches zur Seite zu stellen.
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Das Staatssekretariat für Migration SEM möchte, dass mehr Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene arbeiten können. Eduard Gnesa, ehemaliger Sonderbotschafter für Migrationsfragen, hat dafür mit über 50 Vertretern aus der Wirtschaft gesprochen. Diese haben unterschiedliche Probleme: Es fehlen bei den Flüchtlingen die Sprachkenntnisse oder die Qualifikationen und die Arbeitgeber befürchten einen grossen Betreuungsaufwand oder dass es in der Firma zu Spannungen kommt.

«Monsieur Migration» Eduard Gnesa hat in seinem Bericht auch gezeigt, dass neun von zehn Betrieben positive Erfahrungen mit Flüchtlingen machen. Praktisch alle seien bereit, Flüchtlinge bei sich anzustellen. Nau sprach mit dem Walliser über seine Empfehlungen an das SEM.

Nach sieben Jahren sind über die Hälfte der Flüchtlinge in der Schweiz noch immer nicht erwerbstätig. Eduard Gnesa, Sie haben mit über 50 Arbeitgebern gesprochen – Wo klemmt es?

Nach meinen Erkenntnissen geht es um drei Punkte: Mangelnde Sprachkenntnisse bei den Flüchtlingen, zum Teil mangelnde Qualifikationen und für die Firmen sind es die administrativen Hürden bei Bund und Kantonen. Diese Hürden sollen aber nun durch die von der Politik 2018 verabschiedete «Integrationsagenda» drastisch gesenkt werden. Das ist schon mal ein sehr gutes Signal.

Welche Bedürfnisse gibt es vonseiten der Unternehmen und wo braucht es noch Anpassungen am heutigen System?

Es soll zum Beispiel möglichst früh eine Potenzial-Abklärung gemacht werden. Dass man bereits beim Bund (also bei den Bundesasylzentren) eine erste Einschätzung macht, welche Fähigkeiten und Qualifikationen diese Menschen mitbringen. So können sie danach an die Unternehmen weitervermittelt werden. Ein anderer Punkt ist, dass sich Unternehmen einen Job-Coach wünschen, weil es zum Teil auch kulturelle Unterschiede gibt. Zudem wäre es sinnvoll, in den Kantonen nur eine einzige Ansprechstelle zu haben und nicht mehrere Ämter.

Haben Sie auch auf Beispiele gestossen, wie andere Länder mit der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt umgehen?

In Deutschland, den Niederlanden, Schweden gibt es ähnliche Probleme, auch dort ist die Erwerbsquote nicht höher als in der Schweiz. Aber in Schweden gibt es beispielsweise das sogenannte «Fast-Track-Verfahren»: Dort bringt man nach einer raschen Potenzial-Abklärung die qualifizierten Personen direkt zu grösseren Firmen und sagt «Wir haben hier einen Ingenieur» oder «Hier haben wir einen Schreiner», damit die Firmen dann auch die Diplome schneller anerkennen.

Sie haben das Job-Coaching als wichtige Möglichkeit angesprochen. Wie genau stellen Sie sich das vor?

Ich denke, dass pro Kanton 1-2 Coaches genügen würden. Diese bekämen dann von anderen Ämtern Arbeitsmarkt-fähige Personen zugewiesen. Der Job-Coach würde anschliessend zu Unternehmen gehen und sagen «wir hätten hier jemanden qualifizierten». Aber der Coach würde auch zum Einsatz kommen, um dem anerkannten Flüchtling unsere Gepflogenheiten beizubringen: Nicht alle sind sich zum Beispiel gewohnt, wie wir am morgen früh um acht mit der Arbeit zu beginnen. Das ist nicht aus bösem Willen und ein Job-Coach könnte da helfen.

Die meisten Flüchtlinge finden keine Arbeit.
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Insgesamt leben über 90'000 Flüchtlinge in der Schweiz.
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Wer keinen Job hat, lebt von der Sozialhilfe.
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