Die Nordhänge am Titlis locken Freerider aus aller Welt ins Klosterdorf Engelberg. Wer sicher ins Tal kommen möchte, fährt mit einem ortskundigen Bergführer.
Ein Freerider am Titlis.
Freeriden am Titlis. - PD
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Hänge am Titlis locken Freerider aus aller Welt und jeglichen Levels.
  • Das Gefühl aus Adrenalin und Freiheit macht geradezu süchtig - birgt aber auch Gefahren.
  • Rettungschef Christoph Bissig und Bergführer Christian Räss erklären, worauf es ankommt.

Dicke Nebelschwaden ziehen um den Titlis auf 3200 Meter über Meer. Die steilen Freeride-Abfahrten, die uns erwarten, lassen sich im diffusen Licht nur erahnen. Wir müssen warten, bis die Sicht besser wird. Die Zeit nutzen wir für den obligatorischen LVS-Gruppencheck: Alle sind mit einem funktionierenden Lawinen-Verschütteten-Suchgerät, Schaufel und Sonde ausgerüstet.

«Ohne diese Grundausrüstung im Tiefschnee zu fahren, ist unverantwortlich. Auch wenn es direkt unter der Seilbahn ist», sagt Bergführer Christian Räss. Neben Lawinen gibt es am Titlis gefährliche Gletscherspalten und Felsabbrüche. Um sicher ins Tal zu gelangen, lässt man sich am besten von einem ortskundigen Guide begleiten.

Off-piste-Varianten für jedes Level

Seit Jahren reisen Freerider von weit her nach Engelberg, immer auf Suche nach frischem Powder. Die Chancen stehen gut: Das Gotthardmassiv gehört zu den niederschlagreichsten Regionen der Alpen. Am Titlis sind die meisten Hänge gegen Norden gerichtet und bieten ideale Voraussetzung für einen stabilen Schneeaufbau.

Im Gletschergebiet gibt es eine Vielzahl von Touren für jedes Level. Beispielsweise die bekannten «Big Five»-Abfahrten, die von der Gondel aus ohne Aufstieg erreichbar sind. Oder die anspruchsvolle Titlis-Rundtour und die mehrtägige Urner Haute Route. Wer dem Rummel ausweichen möchte, wechselt auf die gegenüberliegende Talseite des Klosterdorfes ins ruhigere Brunni-Gebiet.

Weniger Unfälle dank Prävention

«Wenn es frisch geschneit hat und der Himmel blau ist, gibt es am Titlis mehrere Hundert Freerider pro Tag», sagt Christoph Bissig, seit 20 Jahren Leiter des Pisten- und Rettungsdienstes bei den Titlisbahnen.

Rettungschef Christoph Bissig.
Rettungschef Christoph Bissig. - zVg

Dass die Ferienregion fürs Skifahren im freien Gelände wirbt, während sein Team alles unternimmt, um die Sicherheit auf dem Berg zu gewährleisten, sei für ihn schon manchmal ein Dilemma. Schliesslich handelt jeder Offpiste-Fahrer auf eigenes Risiko und kann auch Drittpersonen in Gefahr bringen. «Grundsätzlich aber gibt es neben der Piste wesentlich weniger Unfälle als noch vor zehn Jahren.»

Für den Rettungschef ist klar: «Die Leute sind heute besser ausgerüstet und sensibilisierter, was die alpinen Gefahren betrifft.» Dazu tragen diverse Präventionsangebote wie die auf dem Berg installierten «Freeride Checkpoints» oder die «Snow & Safety Days» bei: Die kostengünstigen Freeridekurse finden in Engelberg mehrmals pro Winter statt.

Freerider an einem Bergabhang.
Sicherheit dank Freeride-Kursen. - zVg

Trotzdem: «Es gibt immer wieder Draufgänger, die sich zu sicher fühlen, etwa wenn sie schon einmal eine Route gefahren sind. Dann kommen sie zurück und denken, die Bedingungen sind genau gleich. Man muss schon wissen, dass sich die Situation in den Bergen stündlich ändern kann.»

Der weisse Rausch

Bergführer Christian Räss hat als Backup stets eine topografische Karte, Höhenmesser und Kompass mit dabei. Bei schlechter Sicht orientiert er sich an Konturen in der Landschaft wie Bachbeeten oder Felsen, die er eingezeichnet hat. Ausserdem befinden sich Aufstiegshilfen wie Felle oder Harscheisen in seinem Gepäck, so dass er jederzeit umkehren kann. Die grösste Gefahr beim Freeriden ist für ihn der Kick: «Der ‹weisse Rausch› lässt selbst die erfahrensten Berggänger unvorsichtig werden.»

Bergführer Christian Räss.
Bergführer Christian Räss. - zVg

Inzwischen hat sich der Nebel gelichtet und gibt eine spektakuläre Kulisse frei. Es ist still in den Bergen und einsam, einzig ein Bartgeier zieht seine Runden über den mächtigen Kalksteinklippen. Fernab aller Hektik gleiten wir durch den wolkigen Tiefschnee.

Der Titlis frühmorgens.
Der Titlis frühmorgens. - zVg

Wir überzeugen uns selbst vom einzigartigen Gefühl aus Adrenalin, Freiheit und Schwerelosigkeit. Dem Gefühl, das so viele Fahrer aus der ganzen Welt süchtig macht.

Die kostengünstigen Freeridekurse «Snow & Safety Days» finden im Januar und Februar 2021 statt.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Titlis