Kratzakne, Dermatillomanie, Acne Excoriée oder Skin Picking: Für das krankhafte Zupfen, Kratzen und Drücken der Haut gibt es viele Bezeichnungen.
Frau kratzt sich
Skin Picking Disorder kann in jedem Alter und bei beiden Geschlechtern auftreten. - depositphotos
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Das Wichtigste in Kürze

  • Skin Picking Disorder gehört zu den psychologischen Zwangsstörungen.
  • Als Auslöser gelten Stress und Druck von Aussen.
  • Auf Dauer entstehen irreversible Gewebeschäden.

Jeder knibbelt ab und zu an einem lästigen Pickel im Gesicht herum. In manchen Fällen kann daraus jedoch ein zwanghaftes Verhalten werden, das schwere Gewebeschäden und Narbenbildung nach sich zieht.

Die Behandlung muss ganzheitlich erfolgen.

Von der Dermatillomanie zur Skin Picking Disorder

Schon im 19. Jahrhundert wurde die Zwangsstörung erstmals von Ärzten näher beschrieben. Auf Englisch wurde sie Neurotic Excoriation genannt, in Frankreich war die Rede von Acne Excoriée (Kratzakne).

Beide basieren auf dem lateinischen Wort Excoriare für Abhäuten.

Im deutschsprachigen Raum setzte sich der Begriff Dermatillomanie durch. Ein Kofferwort aus den griechischen Wörtern Derma (Haut), Tillein (Rupfen) und Mania (Wahnsinn).

Heute hat sich die englisch-amerikanische Bezeichnung Skin Picking Disorder etabliert.

Frau kratzt sich
Überdurchschnittlich oft sind junge Frauen im Alter von 30 bis 45 Jahren betroffen. - depositphotos

Die Störung kann in jedem Alter und bei beiden Geschlechtern auftreten. Überdurchschnittlich häufig sind jedoch junge Frauen (Teenager) und im Alter von 30 bis 45 Jahren betroffen.

Während es noch keine eindeutige Erklärung für die Störung gibt, gilt starker Stress als einer der Hauptfaktoren.

Hautverletzungen als Beschäftigungstherapie

Ähnlich wie andere Formen der Selbstverletzung führt auch Skin Picking dazu, Anspannungen und Nervosität zu lindern.

Dem akuten Schmerz folgt ein Gefühl der Erleichterung und Befriedigung. Dazu bietet die intensive Beschäftigung mit einem Pickel oder einer juckenden Narbe Ablenkung von anderen Stressfaktoren im Alltag.

Kratzende Frau
Skin Picking wird oft als Zwangsstörung bezeichnet. - depositphotos

Von einer Zwangsstörung ist die Rede, wenn die Betroffenen das Kratzen und Drücken einfach nicht lassen können.

Sie leiden selbst darunter, doch es gelingt ihnen nicht, den Drang vollständig zu unterdrücken. Da die betroffenen Stellen nicht abheilen können, kommt es zu Narbenbildungen, die den psychischen Druck noch verstärken.

Kognitive Verhaltenstherapie als erstes Mittel der Wahl

Die Behandlung des Skin Picking Disorder muss zweigleisig erfolgen: Zum einen müssen die körperlichen Wunden behandelt werden, damit sie abheilen können.

Dazu ist eine Behandlung der zugrunde liegenden Zwangsstörung unerlässlich. Als besonders effektiv hat sich die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen.

Diagnose Skin Picking
Dem Kratzen und Drücken liegt meist Stress zugrunde. - depositphotos

Bei dieser Form der Psychotherapie erkennen die Betroffenen ihre eigenen Denkmuster. Sie lernen, welche Auslöser zum Skin Picking führen und können gegensteuern.

Da dem Kratzen und Drücken meist Stress zugrunde liegt, gilt es, diese Stressquellen zu identifizieren und nach Möglichkeit abzustellen. Dies kann eine negativ beladene Beziehung sein, Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz oder andere anhaltende Sorgen.

Beschäftigung und Ablenkung als kurzfristige Massnahmen

Eine Psychotherapie mit dem Schwerpunkt Habit-Reversal-Training zieht sich jedoch über viele Wochen hinweg. Bis die Verhaltenstherapie Wirkung zeigt, können zusätzliche kurzfristige Massnahmen ergriffen werden.

Geht das Skin Picking Disorder mit depressiven Verstimmungen einher, kann der Arzt Antidepressiva wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verordnen.

Frau drückt Haut
Betroffene können sich helfen, indem sie nach Ablenkungsmöglichkeiten suchen. - depositphotos

Betroffene können sich auch selbst helfen, indem sie nach Ablenkungsmöglichkeiten suchen. Sobald sich der Drang zum Kratzen bemerkbar macht, greifen sie zu anderen Mitteln, um die Hände zu beschäftigen.

Je nach Interessengebieten können dies kleine Spiele auf dem Smartphone sein, Zeichnungen in einem Notizbuch oder das Stricken. Eine weitere hilfreiche Massnahme ist es, die Fingernägel sehr kurz zu schneiden und das Kratzen so unmöglich zu machen.

Immer mehr Skin Picking Selbsthilfegruppen in der Schweiz

Mit dem steigenden Bewusstsein für diese Zwangsstörung wächst auch die Zahl der Selbsthilfegruppen. Betroffene können sich über Ablenkungsmöglichkeiten und Therapien austauschen und gegenseitig unterstützen.

Als erster Ansprechpartner auf der Suche nach Kontakten eignet sich die Schweizerische Gesellschaft für Zwangsstörungen.

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