Jensen FF: Der vergessene Allrad-Pionier
Der Jensen FF war seiner Zeit weit voraus: Als erstes Serienfahrzeug mit Allradantrieb und ABS setzte er Massstäbe, die heute selbstverständlich sind.

Die Idee für den Jensen FF entstand in den frühen 1960er Jahren bei Jensen Motors, einem britischen Hersteller, der für seine GT-Fahrzeuge bekannt war. Das Unternehmen strebte die Entwicklung eines Hochleistungs-GT-Fahrzeugs an, das überlegene Traktion und Stabilität bieten sollte, insbesondere bei widrigen Wetterbedingungen.
Diese Vision wurde von den Jensen-Brüdern, Alan und Richard, vorangetrieben, die das «ultimative schnelle und sichere Überland-GT-Fahrzeug» schaffen wollten. Die Zusammenarbeit mit Ferguson Research Ltd. war dabei entscheidend.
Die Bezeichnung «FF» stand für «Ferguson Formula», benannt nach Harry Ferguson, der für seine Innovationen im Traktorenbau und bei Allradsystemen bekannt war. Fergusons frühere Erfahrungen mit Allradsystemen im Formel-1-Rennsport beeinflussten die Entwicklung des Antriebsstrangs des FF massgeblich.
Debüt und Produktionszeitraum
Die Partnerschaft entstand aus der Freundschaft zwischen Tony Rolt von Ferguson Research und Richard Jensen. Richard Jensen war ein starker Befürworter des FF-Projekts, trotz anfänglicher Zurückhaltung seines Bruders Alan.

Der Jensen FF debütierte 1966 auf dem Genfer Autosalon. Die Produktion erfolgte zwischen 1966 und 1971.
Der FF MKIII wurde im Oktober 1971 auf der London Motor Show vorgestellt und zeichnete sich durch überarbeitete Sitze, Armaturenbrett und Leichtmetallfelgen aus. Die Produktion des FF endete im Dezember 1971.
Produktionszahlen und Seltenheit
Insgesamt wurden während der gesamten Produktionszeit nur 320 Jensen FF gebaut. Die Aufteilung der Produktion nach Serien ist wie folgt: 195 Mk1 (die ersten wurden von Vignale gebaut), 110 Mk2 und lediglich 15 Mk3.
Der allerletzte jemals gebaute FF wurde im Dezember 1971 ausgeliefert. Es wird geschätzt, dass heute weniger als die Hälfte der ursprünglichen Produktionszahl erhalten geblieben ist.
Der Jensen FF war das «erste nicht geländegängige Serienfahrzeug mit Allradantrieb». Das System wurde von Harry Ferguson Research Ltd. entwickelt. Zu den wichtigsten Mitwirkenden gehörten Ingenieur Claude Hill und Rennfahrer Tony Rolt.
Ingenieurtechnische Meisterleistungen
Das Herzstück des Systems ist ein «Master-Differential», eine Planetengetriebeanordnung, die eine Drehzahlvariation zwischen Vorder- und Hinterachse ermöglicht. Es teilt das Drehmoment ungleichmässig auf, mit einer festen Aufteilung von 37 % auf die Vorderräder und 63 % auf die Hinterräder.
Der FF war auch das erste Serienfahrzeug, das mit einem Antiblockiersystem ausgestattet war. Das Maxaret-System ist mechanisch und erkennt ein Schleudern über eine Einheit, deren Welle vom Mitteldifferential angetrieben wird, proportional zur Raddrehzahl.

Der FF wurde von einem 6.3-Liter Chrysler V8-Motor angetrieben. Dieser Motor leistete 330 PS bei 4.600 U/min und ein beachtliches Drehmoment von 576 Nm bei nur 2.800 U/min. Er verwendete ein 3-Gang-Automatikgetriebe TorqueFlite A727.
Hohe Anschaffungskosten und Marktpositionierung
Die hohen Anschaffungskosten des FF führten dazu, dass er kommerziell nicht erfolgreich war. Er wurde neu für 6.000 Britische Pfund angeboten.
Das war 1.500 Britische Pfund teurer als der Heckantriebs-Interceptor. Sein Preis lag 30 % höher als der Jensen Interceptor und mehr als 50 % höher als vergleichbare Konkurrenzmodelle anderer britischer Automobilhersteller.
Dies platzierte ihn ganz oben auf der Preisskala, nicht weit entfernt Mercedes-Benz SEL 6.3, wodurch er für viele potenzielle Käufer weitgehend unerreichbar war. Der FF setzte einen Präzedenzfall für zukünftige Automobilinnovationen und inspirierte direkt spätere erfolgreiche Allradsysteme wie Audis Quattro. Sein Einfluss reichte weit über seine Verkaufszahlen hinaus.