Er war dabei: Schweizer EGMR-Richter erklärt das Klima-Urteil

Gemäss dem EGMR-Richter Andreas Zünd soll das Urteil im Fall der Klimaseniorinnen als Leiturteil für alle Mitgliedsstaaten des Europarats verstanden werden.

Der Schweizer Andreas Zünd ist seit 2021 als Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg tätig. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der EGMR hat entschieden: Die Schweiz verletze in Sachen Klimaschutz die Menschenrechte.
  • Laut dem EGMR-Richter Andreas Zünd soll das Urteil nicht nur für die Schweiz gelten.
  • Der Schweizer spricht von einem «Leiturteil für alle Mitgliedsstaaten des Europarats».

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Dienstag ein historisches Urteil gefällt: In Sachen Klimaschutz verletzt der Bund die Menschenrechte – das Gericht ist auf die Beschwerde des Vereins «Klimaseniorinnen» eingetreten.

In Sachen Klimaschutz verletze der Bundesrat die Menschenrechte – der EGMR ist auf die Beschwerde des Vereins «Klimaseniorinnen» eingetreten. (Archivbild) - keystone

Dieses Urteil müsse vor einem gesamteuropäischen Hintergrund beurteilt werden. Dies erklärt der zuständige Schweizer EGMR-Richter Andreas Zünd: «Das Urteil bezieht sich nicht einfach auf die Schweiz.» Zusammen mit 16 anderen Richtern hat der Schweizer das Verdikt gefällt.

Leiturteil für alle Mitgliedsstaaten

Beim Urteil handle es sich um ein Leiturteil für alle Mitgliedsstaaten des Europarats. Dies erklärte Zünd am Freitagmorgen in der Sendung «Heute Morgen» vom Deutschschweizer Radio «SRF». Der Anstoss für das Leiturteil sei mit den Klimaseniorinnen einfach aus der Schweiz gekommen – dies sei gewissermassen Zufall.

Die Schweiz ist laut Gericht ihren Aufgaben in Sachen Klimaschutz nicht nachgekommen. Massgebend für den Entscheid sei das Pariser Klimaabkommen gewesen, sagte Zünd. Die Inhalte des Abkommens seien Teil des Schweizer Rechts, weil das Abkommen von der Schweiz genehmigt wurde.

Umsetzung nur über politische Prozesse

Wie genau die Schweiz die Ziele des Abkommens einhalte, schreibe das Gericht nicht vor. «Die Mittel unterliegen der demokratischen Auseinandersetzung», sagte Zünd mit Bezug auf das Urteil. In den politischen Prozess greife der Gerichtshof nicht ein.

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Entsprechend ist das Urteil rein deklaratorischer Natur: Konkrete gesetzgeberische Konsequenzen dürften – wenn überhaupt – nur über den politischen Weg erfolgen.