KV-Ansturm auf Landi: 159 Bewerbungen – sogar Job-Absage lohnt sich
Die Landi schreibt eine KV-Stelle aus und wird regelrecht überrannt. Die Zahl von 159 Bewerbungen sei zwar hoch, aber nicht überraschend. Die Gründe.

Das Wichtigste in Kürze
- Auf eine KV-Stelle bei der Landi bewerben sich unzählige Interessierte.
- Bei KV-Stellen in attraktiven Feldern ist die Konkurrenz unter Bewerbern hoch.
- Doch auch ohne Job geht man bei der Landi nicht leer aus.
- Die Landi schickt Bewerbern bei Job-Absage eine Geschenkbox mit persönlichem Brief.
- Ein HR-Experte lobt die Aktion von Landi als wertschätzend und nachahmenswert.
Bewerbungs-Ansturm bei der Landi Sursee LU: Auf eine KV-Stelle im Bereich Marketing und Kommunikation haben sich 159 (!) Personen beworben.
Da kann die Landi also ganz schön wählerisch sein – und das ist sie auch: Insgesamt elf Personen wurden zu einem Gespräch eingeladen, fünf zu einem Probeeinsatz.
Erst danach wurde die Stelle vergeben. Und auch wer sie nicht erhielt, ging nicht ganz leer aus …
Thomas Bolliger, Mitglied der Geschäftsleitung der Landi Sursee, kommentiert den Bewerbungs-Ansturm auf Anfrage von Nau.ch so: «Bei kaufmännischen Stellen ist in der Regel mit deutlich mehr Bewerbungen zu rechnen als beispielsweise im Detailhandel oder als Chauffeur.»
Er erklärt: «Das liegt unter anderem an der breiteren Qualifikationsbasis und der grossen Zahl an Interessenten für kaufmännische Berufe. Im Detailhandel oder auch als Chauffeur ist die Konkurrenz meist geringer. Da die Anforderungen spezifischer und die Berufe leider weniger gefragt sind.»
Dazu komme: Ist eine KV-Stelle im Marketing oder im HR frei, bewerben sich mehr als bei einer vergleichbaren Stelle in der Finanzbuchhaltung.
Auch Quereinsteigende bewerben sich auf «attraktive» KV-Stellen
Auch Melinda Bangerter, Leiterin Bildung beim Kaufmännischen Verband Schweiz, bestätigt gegenüber Nau.ch: «Die Zahl von 159 Bewerbungen auf eine KV-Stelle im Bereich Marketing/Kommunikation ist zwar eher hoch, aber nicht völlig überraschend.»
Sie erklärt: «Für kaufmännische Stellen in attraktiven Bereichen wie Marketing können je nach Unternehmen und Region zwischen 50 und 200 Bewerbungen eingehen.»
Neben dem vergleichsweisen attraktiven Tätigkeitsfeld sowie der begrenzten Anzahl offener Stellen in diesem Bereich gebe es noch einen weiteren Grund.
«Solche Stellen im Bereich Marketing und Kommunikation sprechen oft nicht nur Berufseinsteigende mit einer kaufmännischen Ausbildung an. Sondern auch Quereinsteigende, Fachkräfte mit Zusatzqualifikationen oder Personen mit Studium, die in die Herkunftsregion zurückkehren möchten.»

Insgesamt gebe es in der Schweiz nach wie vor viele offene KV-Stellen, sagt Bangerter. Der Arbeitsmarkt verlange aber zunehmend Spezialisierung, digitale Kompetenzen und flexible, gut qualifizierte Fachkräfte.
Zurück zur Landi Sursee.
Thomas Bolliger erklärt das aufwendige Bewerbungsprozedere so: «Wir investieren bewusst mehr Zeit in den Rekrutierungsprozess, weil sich das langfristig auszahlt: Mit einer passenden Besetzung sinkt die Fluktuation und die Zufriedenheit im Team steigt spürbar.»
Er ergänzt: «Bei der kaufmännischen Position war die Auswahl besonders herausfordernd, da viele Bewerbende vergleichbare Qualifikationen mitbrachten. Durch die Möglichkeit, einen tieferen Einblick zu gewinnen, konnten wir letztlich die für uns ideale Besetzung finden.»
Landi schickt jetzt bei Job-Absage Geschenkbox mit
Und der Aufwand für die Bewerbenden wird belohnt. Wer nämlich ein Vorstellungsgespräch oder einen Probeeinsatz absolviert, erhält bei der Absage eine «wertschätzende Geschenkbox».
Darin sind neben einem Landi-Geschenkgutschein auch eine Apfelschorle, Darvidas und Tee enthalten.

Und ein persönlicher Brief, den Bewerbenden mitzuteilen, was trotz Absage besonders beeindruckt habe. «Sei es die Haltung, die Ideen, die Vorbereitung oder der Einsatz am Schnuppertag.»
Die Idee mit der Geschenkbox erklärt Bolliger so: «Nicht nur die Unternehmen haben einen Aufwand bei der Rekrutierung. Sondern auch die Bewerbenden investieren Zeit in die Vorbereitung und die Gespräche. Diese uns geschenkte Zeit erachten wir nicht als selbstverständlich und wollen dies wertschätzen.»
Und auch weil man an zweite Begegnungen glaube, sei eine positive Erinnerung trotz Absage wichtig.
Welche Rückmeldungen hat die Landi Sursee dazu erhalten? «Sehr schöne Feedbacks und vor allem waren die Bewerbenden überrascht, dass dies gemacht wurde», sagt Bolliger.
HR-Experte zur Landi-Geschenkbox: «Nachahmenswert»
Lob für die Aktion gibt es auch vom HR-Experten Jörg Buckmann. «Sympathisch ohne Ende», schwärmt er auf Anfrage von Nau.ch.
«Gerade in Zeiten, in denen viele Firmen nicht einmal eine Absage geben, ist das umso sympathischer», sagt er. «Diese Überraschung kommt gut an und ist ein Zeichen der Wertschätzung.»
Und er ist überzeugt: «Wenn die Aktion vor lauter Verblüffung weitererzählt wird, hat das einen netten Werbeeffekt für Landi. Nicht nur als Arbeitgeberin, sondern auch als Detailhändlerin.»

Buckmann meint: «Absolut nachahmenswert.»
Ob man sich dadurch Nachfragen spart?
«Vielleicht. Die Leute hätten zwar lieber den Job. Aber wenn man sie ehrlich, schnell und mit ein paar aufmunternden Worten verabschiedet, bleibt es trotzdem positiv in Erinnerung.»
Gerade dieser Eindruck sei essenziell, so Buckmann weiter.
«Im Kampf um gute Leute ist ein wertschätzender Bewerbungsprozess nicht nur ‹nice to have›, sondern absolut entscheidend.»
Denn: «Es spricht sich herum – wie beim guten Restaurantbesuch. Umgekehrt aber auch: Wer ghostet oder sich ewig Zeit lässt, sammelt Negativpunkte.»
Am Ende zähle der Gesamteindruck.
Landi will an Geschenkbox festhalten
Entsprechend will die Landi auch «unbedingt» an der Geschenkbox für weitere Stellen festhalten.
Ob sich nun extra Leute in der Hoffnung auf eine Box bewerben?
Thomas Bolliger von der Geschäftsleitung meint dazu: «Bis jetzt noch nicht. Wir hoffen natürlich, dass man sich wegen der Landi Sursee und unseren spannenden Stellen bewirbt. Und nicht nur wegen der Geschenkbox.»