Firmen wollen nichts von Vier-Tage-Woche wissen

In Grossbritannien wurde das weltweit grösste Pilotprogramm zur Vier-Tage-Woche ausgewertet. In der Schweiz ist die verkürzte Arbeitswoche bislang eine Utopie.

Reisende auf einem Perron am Zürcher Hauptbahnhof. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Grossbritannien haben 61 Firmen während sechs Monaten die Vier-Tage-Woche getestet.
  • Das Ergebnis: Trotz der verkürzten Arbeitswoche steigerte sich die Produktivität.
  • In der Schweiz wollen die Branchenführer noch nichts davon wissen.

Nur vier Tage in der Woche arbeiten und trotzdem 100 Prozent des Lohnes erhalten: Für viele klingt das nach Wunschdenken. In Grossbritannien kamen die Angestellten von 61 Unternehmen während sechs Monaten genau in diesen Genuss.

Zwischen Juni und Dezember 2022 führte «4 Day Week Global» mit rund 2900 Mitarbeitern eine wissenschaftliche Testphase durch. Gemeinsam mit Forschenden aus Boston und Cambridge wurde untersucht, ob in 80 Prozent der Zeit die Produktivität beibehalten wird.

Das Ergebnis: Die Unternehmen bewerteten ihre Gesamterfahrung im Schnitt mit 8,3 von 10 Punkten. Denn: Im Vergleich zu einem ähnlichen Zeitraum der Vorjahre meldeten die Firmen einen Umsatzanstieg von durchschnittlich 35 Prozent.

Auch die Work-Life-Balance verbesserte sich während des Experiments. 62 Prozent der Mitarbeiter fanden es einfacher, ihre Arbeit mit familiären und sozialen Verpflichtungen zu vereinbaren.

92 Prozent der Organisationen halten an einer Vier-Tage-Woche fest – auch nach Ende des Projekts. Ein voller Erfolg also.

Wie sieht es in der Schweiz aus?

In der Schweiz sind bislang nur Einzelfälle bekannt, meistens kleinere Unternehmen, die ihren Angestellten eigenmächtig eine verkürzte Arbeitswoche anbieten.

Umfrage

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Schweizer Branchenführer wie die SBB, Swisscom, UBS, Migros und Coop wollen von einer Vier-Tage-Woche zurzeit nichts wissen, wie die Unternehmen auf Anfrage erklären. Vielmehr wird auf die bereits existierenden Arbeitsmodelle sowie die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit verwiesen.

So schreibt etwa die Grossbank UBS: «Wir glauben nicht, dass ein starres Arbeitszeitmodell die Lösung ist.» Man fokussiere sich auf verschiedene flexible Arbeitsmodelle und passe das Angebot laufend an.

Arbeitgeberverband gegen Vier-Tage-Woche

Auch beim Detailhändler Coop befürchtet man Schwierigkeiten in der Umsetzung, wie Mediensprecher Kevin Blätter erklärt: «Aufgrund der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt dürfte eine Vier-Tage-Woche, beispielsweise durch gegebene Ladenöffnungszeiten, eine Herausforderung darstellen.»

Das Inselspital in Bern zählt zu den grössten Schweizer Spitälern. - keystone

Bei den Spitälern will man gar nicht an weniger Arbeitszeit denken. Didier Plaschy, Mediensprecher der Berner Inselgruppe, verweist auf den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen: «Wir erachten Massnahmen, die unsere aktuell eher knapp verfügbaren Personalressourcen weiter reduzieren, als nicht unmittelbar umsetzbar.» Eine generelle Reduktion der Arbeitszeit könne daher nicht in Betracht gezogen werden.

Gefallen an der Idee finden hingegen die Gewerkschaften. Gegenüber SRF begrüssen sie eine Verkürzung der Arbeitszeit. Anders sieht das der Arbeitgeberverband: Jede Firma müsse selbstständig über ihre Arbeitsmodelle bestimmen können.